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Ausgabe 02-03/2020

Change Management: Homeoffice als Zukunftsmodell: Chance oder Fluch?

HOMEOFFICE. Auch wenn Corona noch allgegenwärtig ist, eine Frage drängt sich jetzt schon auf: Wie werden wir in Zukunft arbeiten? Mehr noch: Wie wollen wir in Zukunft arbeiten? Und: Haben alte Arbeitsmodelle ausgedient? Von Sabine Kosterski

Es hat bei weitem nicht nur unsere Branche betroffen, aber auch Steuerberatungskanzleien und Wirtschaftstreuhandkanzleien waren durch Corona gezwungen, innerhalb kürzester Zeit eine komplett neue Unternehmensorganisationsform auf die Beine zu stellen. Das hat einerseits zu großen Verunsicherungen geführt, aber birgt auch enorme Chancen zur Veränderung unserer Arbeitsgewohnheiten und unserer Kanzleiorganisationen in sich wie selten zuvor. Jetzt ist der perfekte Zeitpunkt, sich zu fragen, wie unser Arbeitsleben und unsere Kanzleiwelt in Zukunft aussehen sollen.

Nach den Corona-bedingten Monaten im Homeoffice haben die meisten jetzt ein halbes Jahr hinter sich, das sich in vielerlei Hinsicht vom Arbeitsalltag zuvor stark unterschieden hat. Es gab keinen Arbeitsweg mehr, viel flexiblere Arbeitszeiten, dafür weniger Struktur. Vielleicht konnten viele zuhause sogar konzentrierter, produktiver und effizienter arbeiten, vielleicht waren viele auch durch Kinderbetreuung abgelenkt oder gar überfordert. Erfordern Videokonferenzen einen Dresscode? Wie geht es jenen, die nicht in einem familiären Kontext eingebunden sind, sondern z.B. als Singles leben? Kann ich mir als Arbeitgeber sicher sein, dass meine Mitarbeiter zuhause wirklich arbeiten? Kann man Homeoffice verordnen, auch wenn jemand unbedingt in die Kanzlei zurückkehren möchte? Kurz: Welche New Work-Konzepte sind für die Zukunft notwendig?

Was spricht also für ein Homeoffice in den Kanzleien?

Einige Vorreiter, wie etwa Facebook, kündigten bereits an, dass ein Großteil ihrer Mitarbeiter nach Corona weiter im Homeoffice arbeiten wird und auch darf. Auch von deutschen und österreichischen Unternehmen hört man, dass Homeoffice als dauerhafte Lösung für Mitarbeiter vermehrt angeboten wird. Anhand von Gesprächen mit vielen KollegInnen wird auch in unseren WT-Kanzleien aktuell ein Großteil der Tätigkeiten problemlos von zuhause aus erledigt. Viele Kanzleien haben durch Corona einen enormen Digitalisierungsschub erlebt, den es weiterhin zu nutzen gilt. Was spricht dafür? Neben den Kosteneinsparungen, siehe Büromieten, Büromaterial bis hin zum Kaffee, der möglicherweise gratis angeboten wird, ergeben sich weitere Chancen, insbesondere im Hinblick auf die Mitarbeitermotivation und -bindung. War früher Homeoffice eher nicht erwünscht, haben Kanzleiinhaber inzwischen festgestellt, dass die Produktivität ihrer Mitarbeiter durch das Homeoffice eher steigt als sinkt. Auf der anderen Seite schätzen es Mitarbeiter, die sich früher für den Kanzleijob zur Rushhour in den Verkehr drängen mussten, dass sie sich ohne Stress direkt an den Schreibtisch setzen und losarbeiten können. Das führt zu einer größeren Mitarbeiterzufriedenheit. Obwohl sich Berufsund Privatleben mehr vermischen, führt dieses Work-Life- Blending-Modell zu einer größeren Lebensqualität.

Was spricht aber gegen das Homeoffice?

Aber nicht für jeden Angestellten ist das Homeoffice der Weisheit letzter Schluss. Die Vermischung von Kanzlei- und Privatleben kann zu Konflikten und Belastungen führen. Wenn beide Partner im Homeoffice arbeiten und die Kinder zu betreuen sind, ist das eine organisatorische Herausforderung, an der man auch scheitern kann, vor allem wenn zuhause nicht genug Raum zur Verfügung steht. Wenn Familienstrukturen überhaupt wegfallen, was in unserer Vereinzelungs-Gesellschaft mehr und mehr der Fall ist, ist die soziale Isolation bei einigen Mitarbeitern sicher eine Gefahr, die zu psychischen Belastungen wie Depressionen führen kann.

Denn unser Beruf lebt von Kommunikation zwischen Menschen – und diese gehört gepflegt: Zwischen Mitarbeitern, zwischen Kanzleipartnern und nicht zuletzt mit den Klienten. Wie lassen sich Teamarbeit, Zusammengehörigkeit und ein regelmäßiger Knowhow- und Informations-Austausch untereinander im digitalen Homeoffice-Zeitalter weiterhin pflegen? Auch die Einschulung und Integration von neuen Mitarbeitern, sprich Teambuilding und Identifikation mit der Kanzlei, werden eine größere Herausforderung sein.

Jeder von uns hat in der Zwischenzeit eine eigene Liste mit Plus- und Minuspunkten gesammelt und die Herausforderungen in punkto Homeoffice sind für Arbeitgeber und Arbeitnehmer natürlich unterschiedlich. Für die einen steht die Frage im Mittelpunkt: Leidet der Kanzleierfolg? Für die anderen vielleicht die Frage: Kann ich durch das Homeoffice zu individuell besseren Arbeitsmodellen kommen?

Langfristig werden unsere Kanzleien jedenfalls gefordert sein, den Mitarbeitern je nach Lebenssituation flexible Arbeitskonzepte anzubieten, um so Privates und Berufliches besser unter einen Hut zu bekommen. Vielleicht ist es für viele eine Chance, aus einem Hamsterrad aussteigen zu können und die eigene Lebens-Arbeits-Zeit besser gestalten zu können und besser zu nützen. Wenn die Kanzlei den Mitarbeitern einen Vertrauensvorschuss gibt, die verfügbare Arbeitszeit besser und somit produktiver einzusetzen, werden sich die Mitarbeiter verbundener und motivierter für die Kanzlei einsetzen. Unsere Fachmitarbeiter werden das Gefühl bekommen, dass wir uns über ihre Lebens-Arbeits-Zeit Gedanken machen, uns mit ihnen auseinandersetzen und mit ihnen gemeinsam für sie das beste Modell in der jeweiligen Lebenssituation ausarbeiten werden und so flexibler gut unsere Kanzlei gestalten können.  

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