ÖGSWissen - page 12

erfasst jede Form der strafbaren Be-
teiligung an der Begehung von näher
angeführten Straftaten, unabhängig
davon, ob ihr Tatort gem. § 67 Abs. 2
StGB im In- oder Ausland liegt. § 87
Abs. 2 Z 2 lit c WTBG 2107 erweitert
den Katalog der einschlägigen Vortaten
und erfasst nunmehr alle Straftaten, die
mit einer Freiheitsstrafe von mehr als
einem Jahr belegt werden können. In
die Zuständigkeit der Gerichte fallende
Finanzvergehen im Zusammenhang
mit direkten und indirekten Steuern
nach österreichischem Recht hingegen
nur nach der Maßgabe, dass eine solche
Freiheitsstrafe nach §§ 33, 35 und 37
FinStrG im Fall der gewerbsmäßigen
Tatbegehung oder bei Begehung als
Mitglied einer Bande oder unter Ge-
waltanwendung (§§ 38 und 38 a Fin-
StrG) verhängt werden kann, sowie Fi-
nanzvergehen nach § 39 FinStrG.
Die Verweise im WTBG 2017 auf
das Finanzstrafgesetz sowie auf das
Strafrecht erhöhen die Komplexität.
Die Zuziehung eines Finanzstrafex-
perten und/oder eines Rechtsanwaltes
wird daher in manchen Fällen zweck-
mäßig sein.
Weitere wichtige Definitionen sind:
Verdacht: die Annahme der Wahr-
scheinlichkeit des Vorliegens eines
bestimmten Sachverhaltes, die sich
aufgrund der Kenntnis darauf hin-
weisender Tatsachen ergibt. Diese
Annahme muss über eine bloße
Vermutung hinausgehen (Z 7).
Geschäftsbeziehung: jedes Han-
deln eines Berufsberechtigten in
Ausübung seines Berufes für Drit-
te, wenn über eine kostenlose Erst-
beratung hinaus weitere Dienste
oder Aufträge erfolgen und bei
deren Zustandekommen des Kon-
takts davon ausgegangen wird, dass
sie von einer gewissen Dauer sein
sollen (Z 8).
Politisch exponierte Person (PEP):
eine natürliche Person, die wichtige
öffentliche Ämter ausübt oder aus-
geübt hat (Z 14).
Wirtschaftlicher Eigentümer: ein
wirtschaftlicher Eigentümer gemäß
§ 2 WiEReG und natürliche Per-
sonen, in deren Auftrag eine Trans-
aktion oder Tätigkeit ausgeführt
wird (Z 18).
2. Pflichten der Berufsberechtigten
Durch eine risikobasierte Ausgestaltung
der Sorgfaltspflichten gegenüber Auf-
traggebern, der Meldepflichten sowie
der innerorganisatorischen Maßnahmen
ist die missbräuchliche Inanspruchnah-
me von Leistungen des Berufsberech-
tigten zu verhindern.
2.1. Sorgfaltspflichten (§§ 90, 91 und
92 WTBG 2017)
Unter Berücksichtigung des risikoba-
sierten Ansatzes umfassen die Sorgfalts-
pflichten in Bezug auf Auftraggeber
(Klienten) imWesentlichen:
a) vor Begründung der Geschäfts-
beziehung (bei geringem Risiko
kann diese Überprüfung in engen
Grenzen auch während der Be-
gründung der Geschäftsbeziehung
abgeschlossen werden):
die Feststellung und Überprüfung der
Identität des Auftraggebers
(Doku-
mente, Vorlage eines aktuellen amt-
lichen Lichtbildausweises, aktueller
Auszug aus dem betreffenden Re-
gister sowie ein aktueller amtlicher
Lichtbildausweis der vertretungsbe-
fugten Personen).
die Feststellung der Identität des wirt-
schaftlichen Eigentümers und die Er-
greifung angemessener Maßnahmen
zur Überprüfung seiner Identität
(Verständnis über Eigentums- und
Kontrollstruktur des Auftragge-
bers). Der Verweis auf § 2 WiEReG
hat es in sich, kann ein Rechtsträger
doch mehrere wirtschaftliche Eigen-
tümer haben. Immerhin wird das
Transparenzregister Erleichterungen
bei der KYC-Prüfung bringen, ins-
besondere wenn der Berufsberech-
tigte einen vollständigen erweiterten
Auszug abrufen kann (vgl. hierzu
näher z.B. Barbist/Gassner, Der
gläserne Gesellschafter – Das neue
Register für wirtschaftliche Eigen-
tümer, ecolex 2017/1170).
b) vor Begründung einer Geschäfts-
beziehung:
die Feststellung und Überprüfung
der Identität des Vertreters sowie die
Vergewisserung über das Vorliegen
einer aufrechten Vertretungsbefug-
nis.
Bewertung von (zusätzlich eingeholten)
Informationen über den Zweck und
die angestrebte Art der Geschäftsbezie-
hung.
c) während laufender Geschäftsbe-
ziehung:
die kontinuierliche Überwachung
der Geschäftsbeziehung (inkl. ausge-
führte Transaktionen).
d) vor Begründung einer (bzw. ggf.
während laufender) Geschäftsbe-
ziehung:
PEP-Prüfung und im Fall einer Ge-
schäftsbeziehung zu einer PEP die
Einholung der Zustimmung der
Führungsebene.
Im Mitgliederportal kann unter den
Akademiediensten Position Risiko-
Check eine Abfrage der Auftraggeber
durchgeführt werden. Es ist dann er-
sichtlich, ob der potentielle Auftraggeber
z.B. als PEP geführt wird oder bereits
einmal verurteilt war
(https://kdprevent
.
ksw.or.at/kdmatchweb/accessSearch.do).
Diese Sorgfaltspflichten gelten ge-
genüber neuen Auftraggebern, aber auch
für bestehende Auftraggeber, insbeson-
dere wenn sich maßgebliche Umstände
ändern.
Kann den oben kursiv beschriebenen
Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen
werden, darf eine Geschäftsbeziehung
nicht begründet oder eine Transaktion
nicht ausgeführt werden. Bestehende
Geschäftsbeziehungen sind zu beenden.
Eine Verdachtsmeldung gemäß § 96
Abs. 3 WTBG 2017 an die Geldwäsche-
stelle ist in Erwägung zu ziehen.
Für Geschäftsbeziehungen in Be-
reichen mit geringerem Risiko gemäß
individueller Risikoanalyse können ver-
einfachte Sorgfaltspflichten angewendet
werden (§ 93 WTBG 2017).
In folgenden Fällen müssen die
Berufsberechtigten hingegen verstärk­
te Sorgfaltspflichten anwenden (§ 94
WTBG 2017):
Die Verweise im WTBG 2017 auf das
Finanzstrafgesetz sowie auf das Straf-
recht erhöhen die Komplexität. Die Zuzie-
hung eines Finanzstrafexperten und/oder
eines Rechtsanwalts wird daher in man-
chen Fällen zweckmäßig sein.
Besonderes
Augenmerk ist
auf Länder zu
legen, welche die
international aner-
kannten Standards
nur unzureichend
umgesetzt haben.
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