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Ausgabe 01/2021

Fristenfalle im § 295 Abs. 4 BAO entschärft

BAO. § 295 Abs. 4 BAO normiert ein Antragsrecht auf Aufhebung von abgeleiteten Bescheiden, wenn der zugrundeliegende Feststellungsbescheid sich nachträglich als Nicht-Bescheid herausstellt. Von Herbert Houf

Anlass der Neufassung war die Aufhebung der bisherigen Bestimmung mit Ablauf des 31.12.2020 durch den VfGH. Dabei wurde den auch an dieser Stelle mehrfach geäußerten Bedenken Rechnung getragen, dass die durch Verweis auf den § 304 BAO geregelte Antragsfrist bereits abgelaufen sein könnte, wenn der eigentliche Antragstatbestand eintritt.

Zu Grunde liegender Sachverhalt

Werden Einkünfte gem, § 188 BAO festgestellt, so wird der Inhalt dieses Feststellungbescheides üblicherweise in einen abgeleiteten Bescheid (i.d.R. Est-Bescheid) übernommen. Nun kann es sein, dass dieser Feststellungsbescheid, z.B. im Rahmen einer Außenprüfung, abgeändert wird, was zu einer entsprechenden Anpassung des abgeleiteten Bescheids gem. § 295 Abs. 1 BAO führt. Wird der neue Feststellungsbescheid jedoch angefochten, kann sich im Zuge des Beschwerdeverfahrens (möglicherweise erst nach Jahren) herausstellen, dass dieser (z.B. wegen einer unrichtigen Adressierung) nichtig, also unwirksam ist. Die Beschwerde wird in diesem Fall als unzulässig zurückgewiesen, da sie sich ja gegen einen Nicht-Bescheid richtet. Dementsprechend erweist sich aber der darauf gestützte (geänderte), abgeleitete Bescheid als rechtswidrig und ist auf Antrag aufzuheben. Bislang war dieser Antrag jedoch nur im Rahmen der Fristen des § 304 BAO möglich, somit bis Eintritt der Verjährung bzw. seit 2019 gegebenenfalls noch innerhalb von drei Jahren ab Rechtskraft des abgeleiteten Bescheids.

Die Neuregelung seit 8.1.2021

Die Anknüpfung der Antragsfrist an den abgeleiteten Bescheid wurde vom VfGH als verfassungswidrig erachtet, unter anderem auch deshalb, weil es der © ISMAGILOV/ISTOCK Behörde offensteht, diesen sofort oder erst nach Rechtskraft des Feststellungsbescheids zu erlassen. Daher verknüpft die Neuregelung die Antragsfrist nunmehr mit dem Feststellungsbescheid selbst und zwar in der Form, dass binnen eines Jahres ab Rechtskraft der Zurückweisung der Beschwerde der Antrag auf Aufhebung des abgeleiteten Bescheids gestellt werden kann. Vielfach war es in der Vergangenheit so, dass der als nichtig erkannte Feststellungsbescheid nochmals (nunmehr rechtswirksam) erlassen wurde, dass aber der Eintritt der Verjährung einem neuerlichen abgeleiteten Bescheid entgegenstand. Dies ist nun nicht mehr der Fall, da innerhalb eines Jahres ab der (antragsgemäßen) Aufhebung ein neuer abgeleiteter Bescheid erlassen werden kann, sofern dieser ausschließlich den Inhalt des nunmehr rechtswirksamen Feststellungsbescheid übernimmt. Und das ungeachtet des allfälligen Eintritts der Verjährung. Sollte auch der Feststellungsbescheid wiederum angefochten werden, gilt in weiterer Folge § 209a Abs. 2 BAO sinngemäß, d.h. der davon abgeleitete Bescheid kann dann trotz Eintritts der Verjährung später noch einer allenfalls abweichenden Beschwerdeerledigung folgend angepasst werden. Dies auch dann, wenn die Beschwerde selbst erst nach Eintritt der Verjährung eingebracht wird. Insofern wird auch der zeitliche Anwendungsbereich des § 209a Abs. 2 BAO ausgedehnt. Neu ist auch, dass die Antragsmöglichkeit zur Aufhebung nicht nur wie bisher Änderungsbescheide (i.d.R. nach § 295 Abs. 1 BAO) erfasst, sondern nunmehr für sämtliche Bescheide gegeben ist, die sich in irgendeiner Form auf einen Nichtbescheid stützen.

Werden Einkünfte gem, § 188 BAO festgestellt, so wird der Inhalt dieses Feststellungbescheides üblicherweise in einen abgeleiteten Bescheid übernommen.

Zusammenfassung

Einerseits wurde durch die Neuregelung eine Fristen- und Verjährungsfalle entschärft, was insbesondere den Vorteil bringt, dass abgeleitete Bescheide nicht mehr ‚auf Verdacht‘ angefochten werden müssen. Dies war dann der Fall, wenn gegen den Feststellungsbescheid Beschwerde eingebracht wurde und die Sorge bestand, dass sich dieser – jedoch zu spät – als nichtig herausstellen könnte. Durch die vorsorgliche Anfechtung konnte man den Anwendungsfall des § 209a Abs. 1 BAO auslösen, d.h. wenn über die Beschwerde (z.B. infolge einer Aussetzung nach § 271 BAO) erst nach Feststellung der Nichtigkeit des Feststellungsbescheids entschieden wurde, stand der Eintritt der Verjährung einer Abänderung des abgeleiteten im Rahmen der Beschwerdeerledigung nicht entgegen. Andererseits wurde eine weitere Norm geschaffen, die im Anlassfall bestehende Verjährungsbestimmungen durchbricht.

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