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Ausgabe 01/2021

Einen Plan in schweren Zeiten

Einen Plan in schweren Zeiten

Die Pandemie hat unseren Berufsalltag vollkommen über den Haufen geworfen und nachhaltig verändert. Traditionen wie ein gemeinsamer Kaffeeplausch, gemeinsame Mittagessen oder Geburtstagsfeiern im Büro gehören scheinbar der Vergangenheit an. Teamarbeit spielt sich nur noch online zwischen MSTeams, Zoom, Bigmarker, Gotowebinar, Podcasts, Webinaren on demand, also in digitalen Meetings und virtuellen Calls, etc. ab. Wir sprechen in ein „Kastl“ und nehmen ausschließlich Bilder wahr. Nix ist mehr fix – alles ist offen, die Beratung ändert sich täglich mit neuen FAQ. Die meisten Kollegen und Mitarbeiter kämpfen mit Arbeitsüberlastung. Denn es wird auf zwei Schienen durchgehend gearbeitet: die zusätzliche Arbeit durch Corona, wo ständig Anträge einzureichen sind und die aktuellen Buchhaltungszahlen mit den Vorjahren verglichen werden müssen, samt der Sanierungsberatung, und das „normale“ Steuerberatergeschäft mit Beratung, Jahresabschlüssen samt Forcasts für die Banken, die ebenso dringend die Zahlen brauchen.

Bahnbrechende Herausforderungen

Manche kämpfen durch diese Doppelbelastung mit vollkommener Erschöpfung, andere mit Einsamkeit, manche mit Vorwürfen oder schlechtem Gewissen, weil bei alldem zu wenig Zeit für die Familie bleibt. Manche haben Selbstzweifel, da neben Arbeit und Schlaf kaum Ausgleich möglich ist. Andere wieder finden keinen Platz zum Arbeiten, weil die Kinder im Distance-Learning, also auch zuhause, sind. Oft sind Partner ebenso im Homeoffice, und manchen wird der Wohnraum zu knapp. Dazu kommen manchmal komplizierte Familienverhältnisse, ein Zuviel an Hausarbeit etc. Was bleibt da noch vom Leben? Und unser Berufsstand wird zudem mit ständigen Neuerungen zugeschüttet, oft ändern sich Bestimmungen täglich. Was hat noch Gültigkeit? Was ist schon wieder neu, wie kann man da den Überblick noch behalten? Da droht einem der Kopf manchmal zu explodieren. Unsere Branche ist vom Virus überlastet. Mitarbeiter werfen manchmal das Handtuch, neue zu bekommen ist ohnedies schwierig. Und wenn dann wirklich noch ein Mitarbeiter wegfällt, was bleibt dann

Unser Berufsstand wird zudem ununterbrochen mit Neuerungen konfrontiert, oft ändern sich Bestimmungen täglich. Was hat noch Gültigkeit? Wer behält da noch einen Überblick?

noch übrig, als dass der Kollege selbst die Arbeit erledigt? Seit über einem Jahr gibt es für viele keine wirkliche Erholung. Wann wird es Aussicht auf Verbesserung geben? Stellt sich für viele die Frage: Warum tun wir uns das an? Die Antwort lautet: Für unsere Klienten, sie sind uns wichtig – darum! Und es ist unsere Existenzgrundlage, unser Beruf, für viele bis dato eine Berufung.

Den „Irrsinn“ erleichtern

Im Kanzleialltag gilt es zusammenzuarbeiten, um den „Irrsinn“ leichter zu machen. Einen Plan in der Planlosigkeit zu finden. Es gilt zu lernen: „Der Weg ist das Ziel.“ Das hilft uns, nicht in der Zukunft zu leben, sondern im Hier und Jetzt. Immer wieder: die eigene Welt zu hinterfragen, sich bewusst für einen Klienten entscheiden, nicht jeden Auftrag übernehmen. Eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufstellen: Wie viele Ressourcen verbrauchen energieraubende Klienten? Rechnet sich das Honorar? So lässt sich Ärger vermeiden. Alles Übel geht vorbei – wann, das wissen wir noch nicht. Was wird von der Pandemie bleiben? Und: Was haben wir gelernt? Wie nutzen wir das Mehr an Kreativität, Flexibilität, Innovation, Andersdenken, Ergebnisoffenheit für die Zukunft? Wie können wir mehr Vertrauen in unser gemeinsames Tun haben? Denn durch das Homeoffice hat sich gezeigt, dass der Kanzleibetrieb weiterläuft. Die Anwesenheitspflicht von Mitarbeitern ist nur bedingt für eine erfolgreiche Kanzlei essentiell. Führungskräfte, die ihre Mitarbeiter kontrollieren müssen, sind passé. Das liegt hinter uns, Kanzleien haben gelernt, Arbeit neu zu definieren. Wir müssen nicht in ein Büro fahren, um gute Arbeit zu liefern. Wie wollen wir arbeiten? Und was macht gute Arbeit aus? Wie kann modernes Arbeiten ablaufen? Das Büro ist nicht mehr ein Ort, wo man arbeitet, weil es keine anderen Plätze dafür gibt, sondern ein soziales menschliches Kommunikationssystem, wo man gemeinsam Mehrwert, eine gemeinsame Identität schaffen kann. Neue Arbeits-, Organisationsformen werden sich in unseren Kanzleien entwickeln. In Krisenzeiten stehen Beziehungen auf dem Prüfstand. Wenn es kriselt, trennt sich die Spreu vom Weizen. Es zeigt sich nicht nur wie, sondern vor allem mit wem wir die schwierigen Zeiten in der Kanzlei leichter überstanden haben. Wer hat uns Vertrauen entgegengebracht, wer hat uns Zuversicht zugesprochen, bei welchem Klienten ist es uns leichtgefallen, ihn zu unterstützen, welche haben uns den letzten Nerv gezogen. Von letzteren sollten wir uns nicht nur bei knappen Ressourcen verabschieden. Welche Mitarbeiter haben uns beigestanden? Manche haben das Handtuch geworfen, weil es einfach zu viel wurde. Neue Kanzleipartnerschaften sind entstanden, manche bestehende sind zerbrochen, weil sie nicht krisentauglich waren und manche sind noch fester zusammengewachsen. In welchen Organisationen hat man sich aufgehoben, verstanden und unterstützt gefühlt? Es gab zahlreiche Tests zu bestehen. Vieles gab Anstoß zum Nachdenken und Überdenken. Bahnbrechende Herausforderungen zeichnen sich für das Thema Kanzleiarbeit ab. ÖGSWissen hat deshalb Kolleginnen und Kollegen gefragt, wie sie die Coronapandemie bisher überstanden haben, um sich jetzt schon auf „ein Danach“ einrichten und auch freuen zu können:

Carmen Baumert, Kanzlei Schabetsberger
„Unser Arbeit ist von überall (Kanzlei und Homeoffice) machbar, zudem bringt es zeitliche Flexibilität mit sich. Aber trotzdem genießen und schätzen es unsere Klienten, Mitarbeiter und Kollegen jetzt noch mehr, in die Kanzlei kommen zu dürfen.“

Peter Katschnig, Partner, ECA Kärnten
Wie in jeder Krise haben wir gemeinsam viel gelitten, aber auch viel gelernt. Wir haben gelernt, dass unser Wirgefühl uns gut durch die Krise getragen hat und der Zusammenhalt im Betrieb oft auch über die private Entsozialisierung (neudeutsch: Social Distancing) getragen hat. Homeoffice wurde Teil unserer Unternehmenskultur und wir freuen uns, jetzt damit viel größere Freiheiten zu haben, die wir bis jetzt in diesem Ausmaß noch nicht erkannten. Wir haben gelernt, dass auch oder vor allem in harten Zeiten ein Wort des Dankes und des Lobes noch viel mehr zählt und wir waren dankbar für jedes anerkennende Wort durch unsere Klienten – und davon haben wir erfreulicherweise viele bekommen.“

Benedikt Kobzina, Steuerberater-Berufsanwärter
„Unser Teamgeist wurde durch die Pandemie nicht geschwächt. Im Gegenteil, die räumliche Trennung konnte durch die intensive Zusammenarbeit sehr gut überbrückt werden und wir schätzen persönliche Begegnungen nun noch mehr als zuvor.“

Ingrid Szabo, Kanzleiinhaberin, Szabo & Partner Wirtschaftstreuhand GmbH
„Wir konnten uns rasch an die Veränderungen anpassen, da schon in der Vergangenheit viele Home-Office-Arbeitsplätze mit der Kanzlei verbunden waren. Eine neue positive Erfahrung war, dass auch Kundenbesprechungen, interne Meetings und Seminare über Video-Calls gut funktionieren. Herzlichen Dank an alle Veranstalter, die sehr rasch inhaltlich und technisch auf die Krise reagiert haben. Die Online-Webinare haben eine neue Art des unkomplizierten Lernens eröffnet, die es auch nach Corona sicher noch geben wird. Allerdings freue ich mich schon wieder sehr auf die persönlichen Pausengespräche mit den Kolleginnen und Kollegen.“

Stefan Steiger, Partner, elixa Steuerberatung
„Ich sehe die letzten 12 Monate durchwegs positiv. Es hat viele Veränderungen gegeben, die sonst wahrscheinlich Jahre gedauert hätten, aber viele Erleichterungen (unnötige Reisen) gebracht haben, z.B. Videokonferenzen. Auch hat es bei mir zu einem Umdenkprozess geführt, was im Leben wirklich notwendig ist. Besonders gefehlt haben mir die tollen Reisen (vor allem nach Nordamerika). Ein ,Restart‘ ist wohl manches Mal notwendig.“

Helmut Schuchter, Partner, Kanzlei Stauder-Schuchter-Kempf
„Gut war und ist, dass wir schon vor Jahren die Digitalisierung entwickelt und ausgebaut hatten; das hat vieles erleichtert und im pandemiebedingt völlig veränderten Arbeitsalltag geholfen. Gekommen, um zu bleiben, sind auch die vielen Online-Meetings und das verstärkte Arbeiten von Zuhause. Beides ist gut und definiert die Kanzleiarbeit neu.“

Andrea Sedetka, Steueranker, Kanzleiinhaberin
„Schwere Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Durch unkomplizierte Kollegenkooperationen war es mir in meiner Kanzlei möglich, relativ gut durch einen plötzlich auftretenden Mitarbeitermangel zu kommen. Das Miteinander mit Kollegen bedarf eines großes Vertrauens, das mir entgegengebracht wurde, mich unterstützt und mir Mut gemacht hat. Bei neuen Klienten habe ich bewusster die Auswahl getroffen.“

Fabienne Scharmer, Kanzleiinhaberin
„Diese herausfordernden Zeiten haben mir im Kanzleialltag gezeigt, wie wichtig es ist, mit Veränderung umzugehen und mir proaktiv neues Wissen anzueignen. Zusätzlich war es essenziell, während der zunehmenden Arbeitsbelastung, vor allem für mich als Mutter, eine gewisse Distanz zur Arbeit in meiner Freizeit aufzubauen. Das fängt bei meiner Wochenplanung an und zieht sich zunehmend auch durch die digitale Welt mit technischen Anpassungen, um das strikte Trennen von geschäftlichen und privaten Inhalten zu ermöglichen.“

Elke Hager, Kanzleiinhaberin
„Abgesehen von der großartigen Unterstützung durch die KSW (herzlichen Dank dafür!) und der Dankbarkeit meiner KundInnen haben mir ,Jahressätze‘ durch die Pandemie geholfen. 2020 war dies ,Irgendwie geht’s immer‘, für 2021 ist es ,Nichts dauert ewig‘. Damit habe ich auch verzweifelten KlientInnen immer wieder einmal ein Lächeln entlocken können.“

Hannes Reisenhofer, Partner, RSB Austrian Tax Partner Steuerberatung GmbH
„Die Flexibilität von Klienten und Mitarbeitern hat stark zugenommen, dies betrifft sowohl den Einsatz von IT (Besprechungen via Zoom, Datenübermittlungen mittels Cloud, Remote- und Homeoffice) als auch die Bereitschaft der Mitarbeiter, an Tagesrandzeiten oder an Samstagen ihre Arbeit zu verrichten.“

Klaus Hilber, KHWT, Kanzleiinhaber
„In meiner Kanzlei freuen wir uns noch viel mehr auf den nächsten Betriebsausflug – dieser wird nicht mehr als Selbstverständlichkeit wahrgenommen, sondern als ein positives Lebensgefühl und ein Stückchen Freiheit.“

Doris Wagner, Kanzleiinhaberin, Kanzlei SW Steuerberatung
„Die Kanzleistrukturen, die nicht effizient waren, mussten in ,Windeseile‘ überdacht und umgestellt werden und die Investition in die Digitalisierung der Vorjahre zeigte sich als solide Basis, sodass das ,Alltagsgeschäft‘ problemlos weiterlaufen konnte und weitere Online-Maßnahmen sich problemlos umsetzen ließen. Positiv formuliert, ermöglichte mir die Covid-19-Krise einen Anlass, intensiv und sehr schnell in die Qualität von Prozessen sowie in die richtigen Mitarbeiter und in die passenden Klienten zu investieren.“

Andreas Wultsch, Partner, Die Steuerberater
„Die Krise hat uns gezeigt, wie wichtig Anpassungsfähigkeit ist bzw. wie unerlässlich es ist, schnell und flexibel zu reagieren. Diese Herausforderung hat uns als Team trotz Social Distancing stärker zusammenwachsen lassen.“

Thomas Saller, Partner, Kanzlei Saller&Saller Steuerberatung
„Der Zusammenhalt unter den Mitarbeitern und der Zusammenhalt und Austausch unter und mit den Kollegen – damit konnte und kann die neue Situation, mit ihren so speziellen Herausforderungen und ihren ganz neuen Aufgabengebieten, doch irgendwie bewältigt werden.“

Erscheinungsdatum:

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