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Ausgabe 04/2014

Wo stehen wir und was bringt die Zukunft?

Brandaktuell. Der bevorstehende Jahreswechsel ist eine gute Gelegenheit, Bilanz zu ziehen. Wo stehen wir? Welche Trends begleiten uns in die Zukunft? Was plant die KWT? Von Klaus Hübner

Natürlich bin ich bei meinen Aussagen befangen, aber es lässt sich durchaus objektivieren, dass sich der Berufsstand auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten behaupten kann. Die aktuelle Imageumfrage vom Oktober zeigt das wieder deutlich. Wir liegen in der Imagebewertung neuerlich an der Spitze aller beratenden Berufe, gleichauf mit den Rechtsanwälten. Die Umfrageergebnisse sind kein Zufall. Natürlich wachsen derzeit die Bäume nirgends in den Himmel. Dennoch zeigt die Entwicklung unserer Umsätze deutlich, wie sehr die Wirtschaft unsere Leistungen braucht. Vor 20 Jahren erzielte die Branche noch einen Umsatz von umgerechnet 942 Millionen Euro. 2013 wurden Umsätze von 2,1 Mrd. Euro gemeldet. Das bedeutet auch bereinigt um die Inflation ein stabiles Wachstum von zwei Prozent pro Jahr im Durchschnitt. Wir haben im Juni den 7.000sten Steuerberater oder besser die 7.000ste Steuerberaterin angelobt. Die Zahl der Berufsangehörigen hat sich damit in 20 Jahren ebenso verdoppelt wie der Umsatz. Das bedeutet einerseits natürlich deutlich mehr Konkurrenz auf dem Markt, stellt andererseits aber auch sicher, dass die Kanzleien hervorragend ausgebildete Kollegen als Mitarbeiter und später auch Partner und Nachfolger finden.

Derzeit beschäftigen wir rund 2.900 Berufsanwärter, davon mit 57 Prozent Frauen. Nicht nur der Umsatz,
auch die Zahl der Berufsangehörigen hat sich in 20 Jahren verdoppelt.

Was sollten wir tun, um uns auch in Zukunft am Markt durchzusetzen?

Ich verstehe allerdings sehr gut die Sorgen vieler Kollegen angesichts der vielen Krisenszenarien in der Wirtschaft, auf internationaler Ebene oder bei den Budgets der Staaten. Wenn wir uns weiter im Wettbewerb der Beratungsberufe behaupten wollen, müssen wir die Marke „Steuerberater/in“ laufend stärken. Am besten gelingt das, indem jeder von uns die „Kernbotschaften“ in seine täglichen Kontakte mit seinen Klienten einfließen lässt. Die KWT hat dafür eine Initiative zur Positionierung der Steuerberater gestartet. Wir setzen auf diese Optimierung der Klientenkontakte, weil der zufriedene Klient der wichtigste Meinungsbildner in der Öffentlichkeit ist und die Weiterempfehlung der wichtigste Kanal für die Akquisition neuer Kunden. Der Gedanke hinter der Kampagne zur Positionierung: Wir haben 7.000 Berufsangehörige. Das sind 7.000 Kommunikatoren, 7.000 Botschafter, die gemeinsam die Marke Steuerberater am Markt positionieren und stärken können. Damit wir auch wissen, wie wir dabei am besten vorgehen, bietet die Akademie von der Kammer geförderte Seminare zu den Themen Erstgespräch, Klientengespräch und Betriebsprüfung an. Im Herbst ist die Initiative auf ganz Österreich ausgeweitet worden und es wird zusätzlich zwei neue Ganztagesseminare geben. Die Themen: Mitarbeiterführung und Mehrwert schaffen mit Lohnverrechnung und Buchhaltung. Derzeit arbeiten wir an weiteren Seminarangeboten. Als eine Stärke unseres Berufsstandes wurde definiert, dass wir auf Grund der laufenden Betreuung des Rechnungswesens unserer Klienten in der Regel auch ihre betriebswirtschaftlichen Kennzahlen kennen. Daraus lässt sich vielfach Beratungsbedarf ableiten, für den wir verkaufsfähige Beratungsprodukte entwickeln müssen, um so unser Leistungsangebot ausweiten zu können.

Klassische Angebote und neue Geschäfte

Die umfassende Steuerberatung und die Erstellung von Jahresabschlüssen werden auch in einem sich verändernden Markt unser Kerngeschäft bleiben. Vielen Dank in diesem Zusammenhang an die Fachsenate, die uns mit Steuerinformationen, Fachgutachten und vielen anderen Publikationen das Rüstzeug für eine professionelle Auftragsabwicklung liefern. Die Fachgutachten sind eine wertvolle Hilfestellung und fachliche sowie haftungsmäßige Absicherung für die tägliche Praxis. Aber die Rahmenbedingungen und Erwartungen des Marktes verändern sich und dementsprechend werden wir gut daran tun, auch unser Produktportfolio anzupassen. Gründungsund Umgründungsberatung, Sanierungsberatung, Planung, Budgetierung und Controlling, aber auch Bereiche wie Vermögensplanung, Übernahmeberatung, SV-Beratung, Gutachtertätigkeit und Wirtschaftsmediation werden an Bedeutung gewinnen. Es wird Aufgabe des Kanzleimanagements sein, sich in dieser Vielfalt klar zu definieren. Was sind meine Stärken? Mit wem arbeite ich zusammen? Für welche Zielgruppe arbeite ich? Eine Kanzlei mit klar definiertem Portfolio, was Angebot und Klienten betrifft, wird sich am Markt behaupten können.

IT: Die permanente Revolution

Elektronische Übermittlung von Steuererklärungen, Firmenbucheingaben, nun auch Eingaben an den VwGH und bald wohl auch an die Verwaltungsgerichte, FinanzOnline, Unternehmer- Service-Portal etc. – ohne technische Ausstattung auf höchstem Niveau ist unser Beruf nicht mehr erfolgreich auszuüben. Die Themen Digitalisierung und Automatisierung in der Lohnverrechnung und in der Buchhaltung, die für viele

von uns weiterhin wichtige Umsatzträger sind, nehmen Einzug in unsere Kanzleien und in unser Bewusstsein. Wir sind bei den Informationsveranstaltungen zum Thema „Kanzlei der Zukunft“ ausgebucht. Der Zukunftsausschuss der KWT hat die Automatisierung der Kanzlei als ein Kernthema für die nächsten Jahre definiert und arbeitet ein umfassendes Informations- und Beratungsprogramm aus.

Die Diversität als Asset für die Jungen

Gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter sind neben IT und Produktportfolio ein Schlüsselfaktor für jede Kanzlei. Unser Beruf ist attraktiv, weil er selbständiges Arbeiten, den Umgang mit Menschen und sehr schöne Karrieremöglichkeiten bietet. Unsere Diversität sehe ich als Asset für die Jungen. Selbständig als Steuerberater in einem Freien Beruf. Die Möglichkeit, sich auf Branchen oder Fachgebiete zu spezialisieren. Die Vernetzung mit anderen Spezialisten. Die Begleitung von Klienten bei ihren Auslandsaktivitäten. Für alles ist Platz und daran wird sich auch so schnell nichts ändern.

Unsere Akademie

Unser Bildungsangebot, allem voran jenes der Akademie, entspricht dem Stellenwert, den wir den hervorragend qualifizierten Berufsangehörigen und den ebenso gut ausgebildeten Kanzleimitarbeitern beimessen. Die Akademie ist die Nummer eins unter den einschlägigen Anbietern. 3.500 Veranstaltungen werden pro Jahr angeboten. Rund 72.000 Seminartage haben die Teilnehmer im letzten Jahr absolviert.

Finanzpolizei und Vertretungsrechte

Unter dem Druck der leeren Kassen wird immer härter und kompromissloser geprüft. Man denke nur an die aktuellen Probleme bei Betriebsprüfungen mit Subhonoraren. Als zutiefst unbefriedigend erlebe ich, dass die Finanzämter immer seltener bereit sind, Sachverhalt und rechtliche Zweifelsfragen im Detail zu diskutieren, und wir zu oft gezwungen sind, Bescheidbeschwerden einzubringen. Besonders Kritik gab es in den letzten beiden Jahren am Vorgehen der Finanzpolizei, das vielfach als unverhältnismäßig beschrieben wurde. Was mich persönlich besonders stört, sind die strittigen Vertretungsrechte bei vielen Einsätzen der Finanzpolizei. Bei allem Verständnis dafür, dass es auch einmal schnell gehen muss und man nicht vorne auf den Steuerberater warten kann, wenn hinten die nicht angemeldeten Arbeiter davonlaufen: Prinzipiell muss der Staat dafür Sorge tragen, dass sich Bürger und Behörde auf Augenhöhe begegnen. Je mehr der Staat aufrüstet, umso größer ist seine diesbezügliche Verantwortung. Da ist es wirklich ärgerlich, wenn Vertreter der Finanzpolizei Vertretungsrechte in Frage stellen. Was ist das für ein Verständnis für die Rechte des Steuerpflichtigen? Wir haben sehr vehement auf diesen Reformbedarf hingewiesen und haben uns inzwischen doch auch Gehör verschafft. Seitens der Finanzpolizei ist das vielfach urgierte Organisationshandbuch veröffentlicht worden. Wir selbst haben einen Leitfaden für den Umgang mit der Finanzpolizei und ein Muster mit Anleitung für eine Maßnahmenbeschwerde publiziert, um den Kolleginnen und Kollegen Arbeitshilfen für die tägliche Praxis in die Hand zu geben.

WTBG-Novelle

Vor allem aber haben wir den Wunsch nach einer Klarstellung unserer Vertretungsrechte im Zusammenhang mit Aufsichts- und Kontrollhandlungen der Finanzpolizei prioritär in die Liste jener Angelegenheiten eingebracht, die wir im Rahmen einer Novelle des WTBG neu geregelt haben wollen. Wir haben inzwischen positive Signale aus dem Wirtschafts- und dem Justizministerium erhalten. Die Antwort aus dem Finanzministerium stand bei Drucklegung dieses Heftes leider noch aus.

Das Beispiel Steuerreform zeigt deutlich, dass unsere Expertise geschätzt wird.
Unser „Steuerreformplan“ für Österreich“ ist von der Politik aufgenommen worden.

Weichenstellung Steuerreform

Noch ein Blick auf die Steuerreform. Unser vor einem Jahr präsentierter „Steuerreformplan für Österreich“ ist von der Politik aufgenommen worden und hat Eingang in viele Steuerkonzepte gefunden, die seither vorgelegt worden sind. Die Eckpunkte unserer Vorstellungen von einer nachhaltigen Reform sind unverändert: Wir können uns eine steuerliche Entlastung nur leisten, wenn die dafür nötigen finanziellen Spielräume durch Strukturreformen geschaffen werden. Neue Steuern sind angesichts der viel zu hohen Abgabenquote abzulehnen und der Streit um „Millionärssteuern“ ist eine Scheindebatte. Die Entlastung der Einkommensbezieher ist notwendig. Ebenso notwendig ist aber auch die Entlastung der Wirtschaft. Der Faktor Arbeit ist zu hoch besteuert. Die Arbeitsgruppe Steuerpolitik im Fachsenat für Steuerrecht hat die Rahmenbedingungen und die notwendigen Maßnahmen wie folgt analysiert:

  • Verschlechterung der Wirtschaftsprognosen
  • Das Budget 2015 der Bundesregierung entspricht nicht den EU-Vorgaben.
  • Eine Steuerreform ohne die notwendige Finanzierung ist unseriös. Die Finanzierungsfrage ist ungeklärt. Die Ergebnisse der Thienel-Kommission sind noch nicht ausreichend.
  • Ein Etappenplan ist sinnvoll.
  • Ohne Einschnitte wird es nicht gehen, die Erwartungshaltung in der Bevölkerung wurde zu hoch hinaufgeschraubt.
  •  Die vergleichende Analyse mit Deutschland ergibt, dass dort die föderalen Strukturen billiger sind.
  • Kostentransparenz im öffentlichen Bereich fehlt: keine Kostenrechnung
  • Der Föderalismus sollte reduziert und Mehrgleisigkeiten beseitigt werden: Die KWT schlägt vor, eine Expertenkommission einzusetzen, die die unterschiedlichen Ausgabenstrukturen der Bundesländer untersucht und ein Benchmarking erstellt.

Wir werden als Berufsstand weiter unsere gesellschaftliche Verpflichtung wahrnehmen und Expertenpapiere vorlegen. Dann liegt es an der Politik.

Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wünsche ich frohe Weihnachten und ein erfolgreiches Jahr 2015.

Ihr Klaus Hübner 

Erscheinungsdatum:

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