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Ausgabe 03/2018

imFokus: Der gläserne Konzern

KAPITAL. Missbrauch ist in aller Munde, in der öffentlichen Wahrnehmung sind alle Unternehmer und deren Berater wohl rund um die Uhr damit beschäftigt, Gewinne zu verschieben und zu verschleiern und der regulären Besteuerung zu entziehen. Von Verena Trenkwalder

Nach Registrierkassen und Kapitalabflussmeldungen samt deren intensiver Prüfung stellt sich allerdings die Frage, ob diese Unterstellung so richtig ist. „Das steuerliche Ergebnis (der Einführung der Registrierkassenpflicht, Anm.) ist positiv, aber es zeigt, dass die Misstrauensunterstellung gegenüber Unternehmern in Österreich in diesem Ausmaß nicht berechtigt war“, sagte Finanzminister Löger am 30. 8. zur APA. Die Mehreinnahmen für den Staat seien „in Wirklichkeit deutlich geringer als damals (mit 900 Mio. Euro, Anm.) kalkuliert“. Auch die Kapitalabflussmeldeprüfungen werden weitgehend mit einem Nullergebnis abgeschlossen. Das mag national zu einem Umdenken führen, international zeigt sich der gegenteilige Trend.

Mandatory disclosure

Nach langjähriger intensiver Arbeit hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung („OECD“) im Rahmen des Projekts „Base Erosion and Profit Shifting“ („BEPS“) am 5. 10. 2015 den finalen Report zu Aktionspunkt 12 „Mandatory Disclosure Rules“ veröffentlicht. Dieses finale Dokument basiert auf dem am 31. 3. 2015 veröffentlichten Diskussionsentwurf der OECD zu umfassenden Anzeige- bzw. Offenlegungspflichten aggressiver Steuerplanungs- und -gestaltungsmodelle. Das Manko auf Seiten der Finanzverwaltungen ist die Informationsasymmetrie im Hinblick auf konzerninterne Transaktionen und die damit einhergehende mangelnde rechtzeitige und vollumfängliche Kenntnis über aggressive Steuergestaltungen multinationaler Unternehmen. Ein frühzeitiger Zugriff auf diese Informationen gewährleistet aus Sicht der OECD die Möglichkeit einer schnellen Reaktion seitens der Finanzverwaltungen, um entsprechende Steuerverkürzungen zeitnah eindämmen zu können. Daher sollen der Steuerpflichtige und/oder Vermarkter derartige Gestaltungen offenlegen. Als Vermarkter gelten auch Steuerberater, Rechtsanwälte oder anderweitige Beratungsberufe. Eine Steuerstrukturierung ist nach OECD-Ansicht offenzulegen, wenn sie unter sog. „hallmarks“ fällt, d.h. es müssen bestimmte allgemeine („generic“) und spezifische („specific“) Kennzeichen vorliegen, um in den Anwendungsbereich der Anzeige- und Offenlegungspflichten zu fallen. Selbst Meldeschwellen steht die OECD skeptisch gegenüber.

Angriff auf die freien Berufe

Der finale Report enthält eine umfassende Definition von sog. (tax) „arrangements“. Grundsätzlich sollen grenzüberschreitende konzerninterne Strukturierungen per se anzeige- bzw. offenlegungspflichtig sein. Neu im finalen Bericht ist die Empfehlung, Steuersparmodelle durch die Einführung und Vergabe von sog. Referenznummern zu identifizieren. In den Fällen, in denen die Berichtspflichten dem Vermarkter auferlegt werden, wurde angeregt, auch die Erstellung und Einreichung einer Mandantenliste einzufordern. Das heißt im Klartext, dass die Vermarkter (z.B. StB) eine Liste über diejenigen Mandanten bereitstellen müssen, die potentiell unter das Erfordernis der Offenlegungspflichten durch aggressive Steuersparmodelle fallen, vorausgesetzt, das nationale Recht lässt dies zu. Das ist wohl endgültig der Abschied vom freien Beruf und von der diesem Beruf immanenten Verschwiegenheit! Gedacht war der freie Beruf als Gegengewicht zum Staat mit seiner Hoheitsgewalt, was es wohl mehr denn je bräuchte. Dafür gibt es wiederum neue Meldpflichten, noch mehr Papierkrieg, Haftungspotential und Verwaltungsarbeit. Und neue Heerscharen an Beamten, die alles prüfen oder auch in der zu erwartenden Meldungsflut untergehen. Wo bleibt der große Aufschrei gegen weitere Meldepflichten?

Allerdings scheint die Bedeutung des OECD-Reports in der Praxis noch nicht angekommen zu sein, sonst wäre der Aufschrei auch von Seiten der Wirtschaft um ein Vielfaches lauter! Nur am Rande sei angemerkt, dass die Meldepflicht 2020 in Kraft tritt, allerdings alle Gestaltungen ab dem 25. Juni 2018 umfasst.

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