Software. Die IT-Kompetenzen des Steuerberaters werden künftig stärker denn je gefragt sein. Von Jürgen Sykora und Paul Machat
Nicht nur der Gesetzgeber hält den künftigen Steuerberater auf Trab. Unser Beruf befindet sich durch die Digitalisierung in einem Wandel. Die ITKompetenzen des Steuerberaters werden künftig stärker denn je gefragt sein. Zwei junge Forscher der University of Oxford haben in einer Studie mit dem Titel „The Future of Employment“ herausgefunden, welche Berufe am wenigsten von Digitalsierung bedroht sind. Untersucht wurden 702 Berufe. Berufe, die wenig bedroht sind, befinden sich am Anfang der Liste. Umso höher ein Beruf gereiht ist, umso mehr unterliegt dieser Beruf einem Veränderungsbedarf. Die schlechte Nachricht: buchhalterische Berufe findet man erst ab Rang 589. Die automatische Verbuchung von Kontoauszügen, Ein- und Ausgangsrechnungen sowie der Registrierkassa sind aufgrund zahlreicher Schnittstellen und lernfähiger Software bereits heute möglich. CSV, XML und CAMT.053 sollten für angehende Steuerberater keine unbekannten Abkürzungen sein. Wenn doch, googlen Sie diese Begriffe. Der zeitliche Arbeitsaufwand für die Verbuchung von Belegen ist dank neuer Technologien rückläufig. Makrobasierende Excel-Listen helfen beim Lösen von Reihengeschäften in der Umsatzsteuer und gute Scan- und Archivierungssysteme überprüfen die Rechnungsmerkmale nach § 11 UStG. In der Personalverrechnung lassen sich Diäten, Zeitaufzeichnungen und Stammdaten aus fremden Programmen in die gängigsten Personalverrechnungsprogramme problemlos übernehmen. Das Einspielen von Lohnzetteln via Finanzonline in die Kanzleisoftware ist auch schon lange möglich.
Die Wahl der Software
Genau an dieser Stelle kommt die ITKompetenz ins Spiel. Die Systeme funktionieren, doch das Einrichten der automatischen Prozesse bedarf an Know-How, Zeit und Kontrolle. Bereits das Bedienen und Administrieren von Finanzonline und dem Unternehmerserviceportal ist eine eigene Wissenschaft. Hier kann der Steuerberater mit seiner Erfahrung helfen. Der Steuerberater kann bei der Wahl der Software unterstützen, bei der Konfiguration der Schnittstellen und der Prüfung der Software. Auch das Thema der elektronischen Belegarchivierung und Fakturierung spielt eine Rolle. Apropos: Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Ausarbeitung eines Gutachtens zum Thema beauftragt (Infos auf der Website der KWT). Natürlich muss bei diesen Überlegungen § 3 WTBG berücksichtigt werden. Inwiefern diese Beratungsleistungen durch die Berufsberechtigung und durch die Haftpflichtversicherung gedeckt sind, ist eine gesonderte Frage. Man kann sich auf die Position zurückziehen, dass unser Steuersystem so kompliziert ist, dass noch immer die menschliche Intelligenz notwendig ist, um Sachverhalte richtig lösen zu können, und sich dem Einsatz digitaler Hilfsmitteln verwehren. Dem möchten wir drei Überlegungen entgegensetzen. Erstens: Ein Großteil der Steuerberatungskanzleien befindet sich im kleinen und mittleren Segment und übernimmt Dienstleistungen wie Buchhaltung und Personalverrechnung. Viele Mitarbeiter haben nicht das Wissen, um komplexe Probleme ohne Rücksprache mit einem Steuerberater lösen zu können. Was passiert mit diesen weniger qualifizierten Mitarbeitern? Deren Anzahl reduzieren oder auf andere Dienstleistungen umschulen? Irgendwer muss die automatischen Buchungen doch kontrollieren. Zweitens: IBM zeigt es mit seinem Computerprogramm „Watson“ vor. Es kann Fragen in natürlicher Sprache in digitale Form umwandeln, selbstständig Hypothesen aufstellen und bewerten und evidenzbasierend lernen. In der Medizin, Kundenbetreuung und Finanzbranche wird Watson bereits eingesetzt. Es ist eine Frage der Zeit, bis die Software Rechtsfragen selbstständig lösen kann. Drittens: Nicht schmunzeln! Es könnte auch in Österreich ein einfacheres Steuersystem eingeführt werden. Neben all diesen Szenarien sollte die fortschreitende Technologisierung auch in den Steuerberatungskanzleien schon jetzt als Chance zur Effizienzsteigerung und Ressourcenschonung gesehen werden. So erspart der IT-affine Steuerberater sich und seinen Klienten Wege und Zeit und führt Besprechungen bzw. Beratung via Internet-Videokonferenz durch. Genau diese individuelle Beratung gewinnt in Zukunft mehr an Bedeutung. Wer die Zeit nicht im Auto oder beim Buchen, sondern bei der Findung maßgeschneiderter Steuerstrategien verbringen möchte, nutzt besser diese Möglichkeiten. Auch beim Kundenbesuch profitiert der Steuerberater vom technischen Vorsprung und hat alle Daten der Kanzlei über externen Serverzugriff stets verfügbar. Der Steuerberater wird so vom Mandanten nicht als Erfüllungsgehilfe beim Ausfüllen und Versenden von Erklärungen wahrgenommen. Er wird zum Partner in zum Partner in der Entwicklung des Unternehmens und der finanziellen Zukunft. Seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen ermöglicht der ITSpezialist das Arbeiten via Telearbeitsplatz von zuhause aus, ohne bei jedem Problem sofort den externen Informatiker bemühen zu müssen. Dies macht den Betrieb attraktiver, steigert die Mitarbeiterzufriedenheit und reduziert Platzbedarf in der Kanzlei. Der digitalisierte Kundenakt ist dabei für den Mitarbeiter in allen Details verfügbar. Die Zeit, welche die Mitarbeiter nicht mehr für das Buchen benötigen, kann direkt in Weiterbildung investiert werden. Das erworbene Wissen kommt dem Mandanten und der Kanzlei zugute. All das kann nur funktionieren, wenn Sicherheitsstandards eingehalten werden, damit keine Daten in die falschen Hände geraten. Vernetzte Geräte gelten derzeit als Schwachstellen im Kanzleinetzwerk. Wer die Bedrohungen und die Probleme kennt, kann mit den Experten auf Augenhöhe die beste Lösung für das eigene Unternehmen umsetzen.
Schlussendlich gilt: Wer nichts weiß, muss alles glauben – und auch bezahlen.
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