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Ausgabe 01/2015

Besser versichert

Verträge. Über freie Dienstverträge, echte Dienstnehmer, Werkverträge und neue Selbständige. Von Paul Heissenberger

Wenn die Berufsbefugnis zum Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater durch positive Absolvierung der Prüfungen erlangt wurde, kann die Tätigkeit bis zum Ruhendlegen bzw. Zurücklegen der Berufsbefugnis selbständig in der eigenen Kanzlei oder für einen anderen Berufsberechtigten erbracht werden.

Arten der Dienstleistungserbringung

Eine Dienstleistungserbringung gegen Entgelt zwischen Berufsberechtigten kann im Rahmen eines echten Dienstvertrags, eines freien Dienstvertrags oder eines Werkvertrags erfolgen. Ein freier Dienstvertrag im ASVG kann aufgrund der Regelung in § 4 Abs. 4 Z 1 lit. a ASVG für Angehörige einer Kammer der freien Berufe nicht entstehen.

Unselbständig tätiger Berufsberechtigter

Als echter Dienstnehmer unterliegt der Bezug der ASVG-Vollversicherung (Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung) nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherung nach § 1 Abs. 1 lit. a AlVG. Die Bezüge sind lohnsteuer-, DB- und kommunalsteuerpflichtig.

Selbständig tätiger Berufsberechtigter

Erfolgt die Tätigkeit für einen Kollegen im Rahmen eines Werkvertrags, unterliegt das daraus erzielte Einkommen der Einkommensteuerpflicht. Bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft entsteht aufgrund der Einstufung als neuer Selbständiger in der Unfall- und Pensionsversicherung eine Pflichtversicherung. In der Krankenversicherung besteht aufgrund des Opting-out keine Pflichtversicherung aufgrund freiberuflicher Tätigkeit. Es besteht ein Wahlrecht zwischen Gruppenversicherung bei der Uniqa, Selbstversicherung nach ASVG oder Selbstversicherung nach GSVG. Da bei der Uniqa, abhängig vom Eintrittsalter, ein Fixbetrag zu zahlen ist, ist es ratsam, für sich auszurechnen, wo der Break-even zur gesetzlichen Krankenversicherung liegt.

Im Mai 2014 hat nun der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung 2012/08/0233 für einige Klarstellungen gesorgt.  

VwGH: Ist eine Steuerberaterin echte Dienstnehmerin nach dem ASVG?

In den vergangenen Jahren konnte eine häufigere und genauere Überprüfung von Werkverträgen, welche zwischen Berufsberechtigten abgeschlossen wurden, mit dem Ziel, diese in ein echtes Dienstverhältnis umzuwandeln, beobachtet werden. Im Mai 2014 hat sich nun der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung 2012/08/0233 mit dem Thema, ob eine Steuerberaterin als Dienstnehmerin nach dem ASVG oder neue Selbständige nach dem GSVG anzusehen ist, intensiv auseinandergesetzt und für einige Klarstellungen gesorgt. So war eine Steuerberaterin für einen Steuerberater im Rahmen eines Werkvertrags tätig. Sie wurde beauftragt, berufseinschlägige Tätigkeiten zu erbringen. Dies war im Besonderen die Erstellung von Jahresabschlüssen, Steuererklärungen sowie Beratung von Klienten für ihren Auftraggeber. Sie war an keine Arbeitszeiten gebunden, es wurden jedoch Fertigstellungstermine und Rahmenzeiten vereinbart. Eine Eingliederung in die Organisation erfolgte nicht, es war aber gestattet, die Räumlichkeiten des Auftraggebers zu benutzen, sofern es mit den betrieblichen Abläufen des Auftraggebers vereinbar war. Ein Weisungsrecht hinsichtlich der Gestaltung des Arbeitsablaufes der Auftragnehmerin bestand nicht. Als Honorar wurde ein Stundensatz von EUR 50,– zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart und die Abrechnung erfolgte monatlich. Es durfte das WTProgramm und das Briefpapier des Auftraggebers benützt werden. Ihr wurden eine E-Mail-Adresse und Visitenkarten mit dem Kanzleilogo des Auftraggebers zur Verfügung gestellt. Sie hatte keine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung und keinen eigenen Finanzonlinezugang. In ihrem Anlagenverzeichnis waren ein Bildschirm, ein Scanner, ein Aktenschrank, ein Faxgerät und ein PC. In Summe hatten die Anlagengüter einen Anschaffungswert von knapp unter EUR 1.100,–. Der VwGH entschied in diesem Fall, dass es sich in der Sache um ein freies Dienstverhältnis handelt. Da ein Mitglied der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, wie eingangs erwähnt, gemäß dem ASVG jedoch nicht als freier Dienstnehmer der Pflichtversicherung unterliegen kann, ist hier nur die Einstufung als neuer Selbständiger gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 möglich. In seiner Entscheidung führt der VwGH aus, dass die Grundvoraussetzung für die Annahme der persönlichen Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG die persönliche Arbeitspflicht ist und, wenn diese fehlt, kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nach § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG vorliegt. Die persönliche Arbeitspflicht fehlt laut VwGH dann, wenn dem Leistenden einerseits ein generelles Vertretungsrecht zukommt oder dem Leistenden andererseits ein sanktionsloses Ablehnungsrecht zukommt. Laut VwGH kann von einer die persönliche Arbeitspflicht ausschließenden generellen Vertretungsbefugnis nur dann gesprochen werden, wenn der Erwerbstätige berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen bzw. ohne weitere Verständigung des Vertragspartners eine Hilfskraft beizuziehen. Unter einem sanktionslosen Ablehnungsrecht versteht der VwGH das Recht des Leistenden,bereits übernommene Dienste nach Gutdünken ganz oder teilweise sanktionslos ablehnen zu können. In seiner Begründung führt der VwGH aus, dass ein Vertretungsrecht, obwohl dies berufsrechtlich zulässig wäre, nicht vereinbart wurde und auch nicht in Anspruch genommen wurde. Ebenso ist der VwGH zur Ansicht gelangt, dass ein Ablehnungsrecht nicht vereinbart und auch nicht ausgeübt wurde. Weiters sei im oben beschriebenen Fall kein Werkvertrag zustande gekommen. Dies deshalb, da neben der kontinuierlichen Leistungserbringung, welche auf ein Dauerschuldverhältnis hindeutet, auch die Verrechnung auf Basis der vom Auftraggeber an den Kunden verrechenbaren Arbeitsstunden vorgenommen wurde. Somit bejahte der VwGH zwar die persönliche Arbeitspflicht und sah es aber als erwiesen an, dass die Bestimmungsfreiheit der Steuerberaterin, wenn überhaupt, nur eingeschränkt, aber nicht völlig ausgeschaltet wurde, was das Entstehen eines freien Dienstvertrags zur Folge hat.

VwGH: ist ein Ziviltechniker trotz Eingliederung steuerlicher Dienstnehmer?

Eine ebenso sehr interessante Entscheidung zum Thema selbständige oder unselbständige Tätigkeit hat der VwGH ( 2012/15/0025) Ende 2013 getroffen. Dabei wurde ein staatlich befugter und beeideter Ingenieurkonsulent für das Bauingenieurwesen, welcher statische Bearbeitungen von Tragwerkskonstruktionen auf selbständiger Basis durchführt, diese mit Rundsiegel beurkundet und gegen Honorar veräußern darf, für eine GmbH tätig. Diese GmbH stellte ihm die erforderliche Infrastruktur wie Büroräumlichkeiten, Büroausstattung sowie EDV-Hard- und Software zur Verfügung. Weiters wurde im Werkvertrag die fachliche Weisungsfreiheit, das Honorar mit 40 – 50% der vereinnahmten Entgelte, die Anwesenheit zu den gewöhnlichen Bürozeiten im Büro, eine dreimonatige Kündigungsfrist sowie der Ersatz des amtlichen Kilometergeldes für dienstliche Fahrten vereinbart. Weiters wurde festgehalten, dass der Ingenieurkonsulent nur für die GmbH tätig werde, er für seine Leistungen Gewähr leiste und alle Schäden, die durch seine Leistung entstünden, selbst trage. Der VwGH führt in seiner Entscheidung aus, dass gemäß der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 die Kriterien der Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers für ein Dienstverhältnis sprechen. Sollten diese beiden Kriterien zu keinem eindeutigen Ergebnis führen, sei auf weitere Abgrenzungsmöglichkeiten wie etwa das Unternehmerwagnis Bedacht zu nehmen. Im vorliegenden Fall war der VwGH der Ansicht, dass das Finanzamt die Weisungsgebundenheit nicht festgestellt hat. Jedoch war der VwGH der Meinung, dass aufgrund der Zurverfügungstellung der Infrastruktur und der Anwesenheitspflicht zu den Bürozeiten eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus vorgelegen hat. Als drittes Entscheidungskriterium zog der VwGH das Unternehmerrisiko heran. Dies wurde aufgrund der Verrechnung von 40 – 50% der vereinnahmten Entgelte bejaht, da ein Dienstnehmer einen erfolgsunabhängigen Lohn bekommt.

Um eine selbständige Tätigkeit abzusichern und eine Umqualifizierung in ein echtes Dienstverhältnis zu vermeiden, darf der Leistungserbringer nicht weisungsgebunden sein.

Conclusio

Um eine selbständige Tätigkeit abzusichern und eine Umqualifizierung in ein echtes Dienstverhältnis zu vermeiden, darf der Leistungserbringer nicht weisungsgebunden sein. Der VwGH spricht in seinen Entscheidungen auch die Leistungsverrechnung an und bestätigt, dass bei umsatzabhängiger Verrechnung sowie unbeschränkter Haftung von Unternehmerwagnis auszugehen ist. Es ist auch ein Ablehnungsrecht zu vereinbaren sowie zu leben. Ein weiteres Indiz für die selbständige Tätigkeit ist das eigene Anlagevermögen. Hinzuweisen ist noch darauf, dass bei der selbständigen Leistungserbringung an einen Berufskollegen eine eigene Haftpflichtversicherung von der KWT verlangt wird.

Erscheinungsdatum:

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