ÖGSWissen - page 31

ZUR AUTORIN
Dr. Verena
Trenkwalder ist
Wirtschaftsprüferin
und Vorsitzende
des Fachsenats
für Steuerrecht
Steuerrecht quo vadis?
STEUERRECHT.
Wie erfreulich, dass sich im Maßnahmenkatalog des
Regierungsprogramms viele unserer Forderungen wiederfinden.
Von Verena Trenkwalder
im
fokus
I
m Regierungsprogramm 2017 – 2022
liest man im Kapitel Standort und
Nachhaltigkeit im Abschnitt Finanzen
und Steuern Folgendes: „Österreich hat
die sechsthöchste Abgabenquote der
Welt. Zudem hat Österreich im inter-
nationalen Vergleich ein Steuersystem,
welches Leistung zu wenig honoriert.
Das österreichische Steuerrecht ist hoch-
komplex, für den Steuerpflichtigen kaum
mehr verständlich und für die Finanz-
verwaltung kaum mehr administrierbar.
Unternehmen und Steuerpflichtige sind
mit einer sich permanent ändernden
Rechtslage konfrontiert. Die Planungs-
und Rechtssicherheit blieb in der Vergan-
genheit oft auf der Strecke. Das Steuer-
recht ist durch unzählige unsystematische
Ausnahme- und Sonderbestimmungen
belastet, welche es zu entrümpeln gilt.
Durch einfachere Regelungen und Ver-
meidung von Gold-Plating kann das
Steuerrecht wesentlich entlastet und kön-
nen Effizienzpotenziale gehoben werden.
Das Steuerrecht muss effizient, fair und
einfach ausgestaltet werden. Dafür sind
wesentliche strukturelle Änderungen
notwendig.“
Diese Aussagen decken sich weitge-
hend mit den langjährigen Forderun-
gen der KSW bzw. des Fachsenates für
Steuerrecht, der ja seit vielen Jahren eine
deutliche Vereinfachung des Steuerrechts
fordert. Umso erfreulicher, dass sich auch
imMaßnahmenkatalog viele unserer For-
derungen wiederfinden:
Einheitsbilanz und Modernisierung
der (steuerlichen) Gewinnermittlung
Nur ein steuerlicher Betriebsvermö-
gensvergleich; Vereinfachung der
(steuerlichen) Gewinnermittlung für
Personengesellschaften (Mitunterneh-
merschaften)
Rechtsformneutrale Besteuerung
Neue Regelungen im Bereich der Ab-
schreibungsmethoden
Reduktion der Einkunftsarten
Analyse und Reduktion von Ausnah-
men und Sonderbestimmungen
Reform der außergewöhnlichen Be-
lastungen und der Sonderausgaben
(„Abzugsfähige Privatausgaben“)
Vereinfachung der Lohnverrechnung
Senkung der Abgabenbelastung, be-
sonders für Bezieher kleiner Einkom-
men, durch eine Tarifreform
Vereinfachung der sonstigen Bezüge
Keine Abschaffung der begünstigten
Besteuerung des 13. und 14. Bezuges
im Rahmen der Neukodifizierung
Strukturelle Vereinfachung der Lohn-
verrechnung
Inhaltliche Vereinfachung der Lohn-
verrechnung
– Reduktion der Komplexität und
der Dokumentationserfordernisse
– Harmonisierung der Beitrags-
grundlagen bzw. Bemessungs-
grundlagen; DZ soll österreich-
weit vereinheitlicht werden
– Vereinfachung und Reduktion
von Ausnahmen und Sonderbe-
stimmungen
– Vereinfachung der Reisekosten
– Praktikable Regelung zur Abgren-
zung von Dienstverträgen
Jahressteuergesetze – statt wie bisher
mehrere Abgabengesetze pro Jahr
Diese Ziele ergeben sich zwar fast zwin-
gend, wenn man sich aktuell mit dem
Steuerrecht beschäftigt, dennoch sind sie
ambitioniert, sind doch schon 27 Regie-
rungen in der zweiten Republik an dieser
Aufgabe mehr oder weniger gescheitert.
Dabei ist aus meiner Sicht völlig klar,
dass der dringendste Handlungsbedarf in
der Lohnverrechnung besteht, denn kein
Dienstnehmer kann den Lohnzettel lesen
und begreifen. Das erschüttert nicht nur
das Vertrauen in das Steuerrecht, sondern
auch das Vertrauen in die Richtigkeit der
Abrechnung. Reisekosten, die Besteue-
rung von Geschäftsführern und Vorstän-
den, die Abgrenzung von Dienst- und
Werkverträgen, das alles sind Themen,
mit denen wir uns tagein, tagaus beschäf-
tigen. Und spätestens seit dem LSDBG
wissen wir, dass eine richtige Lohnabrech-
nung beinahe ein Ding der Unmöglich-
keit ist. Auch bei vollem Verständnis für
die Betrugsbekämpfung gehe ich doch
nach wie vor davon aus, dass ein Groß-
teil der österreichischen Unternehmen
weder Betrüger noch Steuerhinterzieher
sind, sondern einfach ihren Pflichten
nachkommen wollen. Ziel sollte daher
sein, dass sie das auch können, weil sie das
Steuerrecht und die für sie maßgeblichen
Normen verstehen und somit auch befol-
gen können. Bleibt mir an dieser Stelle,
der Regierung für die Umsetzung alles
Gute zu wünschen, getreu dem Motto,
dass die Problemerkennung der erste Weg
zur Besserung ist.
n
Die KWS und
der Fachsenat
für Steuerrecht
fordern seit vielen
Jahren eine Ver-
einfachung des
Steuerrechts.
© WAVEBREAK/ISTOCK
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