ISA 560. Über nachträgliche Ereignisse und Herausforderungen für Abschlussprüfer:innen. Von Peter Kopper-Zisser
Die vergangenen bzw. aktuellen länderübergreifenden Entwicklungen stellen Abschlussprüfer:innen vor einige schwierige Aufgaben, um die Anforderungen der Prüfungsstandards korrekt zu erfüllen. Darunter fällt auch die angemessene Reaktion auf Ereignisse, welche sich nach dem jeweiligen Bilanzstichtag ereignen. Hier gilt es die Auswirkungen auf den zu prüfenden Jahresabschluss korrekt einzustufen.
Ereignisse nach dem Bilanzstichtag, jedoch vor dem Datum des Bestätigungsvermerks
Das vorrangige Ziel des ISA 560 ist es, sicherzustellen, dass Abschlussprüfer:innen angemessen auf Ereignisse reagieren, die nach dem Bilanzstichtag oder nach dem Datum des Bestätigungsvermerks eintreten. Ein Schlüsselaspekt ist die vollständige Identifikation der relevanten Ereignisse. Der Prüfer muss überprüfen, ob alle maßgebenden Ereignisse nach dem Bilanzstichtag identifiziert werden und angemessen im Abschluss und Lagebericht dargestellt werden. Dazu haben Abschlussprüfende ausreichend geeignete Prüfungsnachweise zu erlangen. Hierunter fallen u.a. Ereignisse, die Auswirkungen auf die Fortführung des Unternehmens haben oder eine Neubewertung von Buchwerten erforderlich machen. Andererseits ist sicherzustellen, dass keine wertbegründenden Ereignisse fälschlicherweise im Abschluss verarbeitet werden. Der nächste Aspekt für Abschlussprüfende ist die Bewertung der Auswirkungen auf den Abschluss sowie auf den Prüfungsbericht, vorausgesetzt, dass die Angaben im Abschluss nicht sachgerecht abgebildet sind. Der ISA 560 schreibt einige Prüfungshandlungen vor:
- Erzielung eines Verständnisses der Prozesse im Unternehmen, welche eine vollständige Erfassung der relevanten nachträglichen Ereignisse im Abschluss sicherstellen
- Befragung des Managements und die für die Überwachung Verantwortlichen zu nachträglichen Ereignissen
- Lesen von Sitzungsprotokollen, die nach dem Abschlussstichtag stattgefunden haben
- Falls vorhanden: Würdigung von Zwischenberichten
- Darüber hinaus ist zeitnah zum Datum des Bestätigungsvermerks eine schriftliche Erklärung vom Management einzuholen, um nochmals explizit abzufragen, ob alle relevanten Ereignisse nach dem Bilanzstichtag angemessen im Abschluss dargestellt sind.
Was ist zu tun, wenn der Bestätigungsvermerk erteilt, jedoch noch nicht herausgegeben wurde?
Abschlussprüfer:innen sind grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, nach Erteilung des Bestätigungsvermerks aktiv nachzuforschen, ob Anpassungen im Abschluss aufgrund nachträglicher Ereignisse erforderlich sind. Es gibt vielmehr eine Verpflichtung des Managements, Abschlussprüfer:innen über solche Sachverhalte zu informieren. Abschlussprüfende haben zu beurteilen, ob die neu hervorgekommene Information bei früherer Kenntnis eine Auswirkung auf den Bestätigungsvermerk gehabt hätte. Falls dies zutrifft, muss mit dem Management eine Änderung des Abschlusses oder Lageberichts erörtert werden. Abschlussprüfer:innen haben Überlegungen zu einer möglichen Nachtragsprüfung beschränkt auf die nachträglichen Änderungen anzustellen – hier wäre ein neuer Bestätigungsvermerk erforderlich. Sofern nicht vom Management eine Änderung vorgenommen wird, muss das Prüfungsurteil modifiziert werden (im Einklang mit ISA 705 – VOR Auslieferung des Bestätigungsvermerks).
Tatsachen, welche nach Herausgabe des Bestätigungsvermerks bekannt werden
Auch in diesem Fall haben Abschlussprüfer:innen bei relevanten Auswirkungen auf den Bestätigungsvermerk den Sachverhalt mit dem Management zu besprechen. Die Vorgehensweisen sind gleich der Situation vor Herausgabe des Bestätigungsvermerks. Falls der Prüfungsbericht bereits an fremde Dritte herausgegeben wurde, haben Abschlussprüfer:innen Maßnahmen zu treffen, um das Vertrauen in den Bestätigungsvermerk zu verhindern, sofern eine Änderung im Bestätigungsvermerk erforderlich sein sollte. Nachträgliche Ereignisse spielen in der Arbeit oftmals keine bedeutsame Rolle bzw. liegt hier nicht das Hauptaugenmerk. Abschlussprüfer:innen sollten jedoch aufgrund von heutzutage schneller wechselnden Einflüssen dieser Thematik mehr Aufmerksamkeit widmen.
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