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Ausgabe 01/2020

Mastermind in der Finanz

PORTRÄT. Der neue Finanzminister der türkisgrünen Regierung ist Gernot Blümel. Als Polit-Profi kennt er seine Rolle und verspricht Steuererleichterungen. Von Karin Pollack

Als Gernot Blümel am 10. Jänner vor das österreichische Parlament trat, um die mit den Grünen über drei Monate ausverhandelte Regierungserklärung zu verlesen, sah man ihm keine Nervosität an. „Wir stehen vor großen Herausforderungen“, sagte er, er habe sich gerade ein paar makroökonomische Zahlen angesehen. Mit 1,2 Prozent Wirtschaftswachstum sei Österreich sogar etwas besser als Deutschland mit 0,5 Prozent, doch man dürfe die Hände nicht in den Schoß legen, sagte er und verkündete dann prompt auch die Ecksteine der neuen Regierung, also den sorgsamen Umgang mit Steuergeld, keine neuen Schulden und eine Steuerentlastung für die Bürger und Bürgerinnen in Österreich. Gernot Blümel ist zwar weder Finanz- noch Steuerexperte, aber er versteht, worauf es in der Politik ankommt.

Das neue Amt als Finanzminister der Republik ist vorläufig der Höhepunkt einer Karriere, die von Anfang an eng mit dem Werdegang des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz verknüpft ist. Gernot Blümel, geboren am 24. Oktober 1981 in Wien, wuchs in einem kleinen Ort im südlichen Niederösterreich auf. In Moosbrunn war er Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr, im Fußballklub, in der Blasmusik spielte er Flügelhorn. Zum Philosophie-Studium übersiedelte er nach Wien, absolvierte ein Semester in Dijon und hängte nach Abschluss einen Master of Business Administration an der Wirtschaftsuniversität an. Auch sein politisches Engagement startet in dieser Zeit. Gernot Blümel wurde Mitglied in der katholischen Studentenverbindung Norica, trat der Jungen ÖVP bei, deren Sekretär er 2006 wurde. 2008 kam er als parlamentarischer Mitarbeiter zu Michael Spinedelegger, der die Talente des jungen Blümel erkannte und ihn 2013 schließlich mit der verantwortungsvollen Aufgabe des ÖVP-Generalsekretärs betraute.

Aus Schwarz mach Türkis!

Zusammen mit Sebastian Kurz, als dessen engster Vertrauter er gilt, stellten sie die ÖVP neu auf, machten aus Schwarz Türkis. Als gewandter Smalltalker mit angenehmen Umgangsformen setzte Blümel im Laufe der letzten Jahre auch immer wieder harte Akzente, zum Beispiel in der Flüchtlingspolitik. „Blümel ist ein Machtfaktor, sitzt im Maschinenraum der ÖVP“, so beschreiben politische Kommentatoren seine Rolle. Immer wieder hat er in der Vergangenheit auch Steine für Freund und Bundeskanzler aus dem Weg geräumt, springt dort ein, wo Kurz eine sichere Allianz braucht. So war er unter Türkis-Blau Kanzleramts- und Europaminister, betreute zudem auch die Kultur- und Medienagenden. In der neuen Regierung mit den Grünen ist er Finanzminister und ersetzt Hartwig Löger. Dass er das kann, ist Kanzler Kurz sich sicher, „weil er ja auch das Regierungspaket mitausgearbeitet hat“. Er soll das Projekt der ökosozialen Marktwirtschaft als Vorzeigeprojekt für Europa vorantreiben, jedoch nicht so, „dass der Wirtschaftsstandort Schaden nimmt“, betonte Blümel, der übrigens 2009 seine Magisterarbeit über die christliche Soziallehre geschrieben hat.

Was Blümel und die neue Regierung steuerlich vorhaben, hat er in der Regierungserklärung auch bereits angekündigt. Er will die Lohnsteuerklassen um jeweils fünf Prozent senken, wird die Körperschaftsteuer von 25 auf 21 Prozent reduzieren und die Investitionserfordernisse beim Gewinnfreibetrag von EUR 30.000,– auf 35.000,– erhöhen. Er will internationale Großkonzerne besteuern („es kann nicht sein, dass Facebook und Google weniger Steuern zahlen als der Greißler von nebenan“), will die Österreicher und Österreicherinnen zu modernen Geldanlageformen am Kapitalmarkt motivieren („40 Prozent des Sparvermögens liegt auf Sparbüchern“), und er will am Nulldefizit festhalten („Niemand verliebt sich in das Nulldefizit, ich aber schon, weil es Mittel zum Zweck für eine Absicherung in der Zukunft ist“).

Apropos Liebe: Für Gernot Blümel beginnt im Frühjahr noch ein weiterer neuer Lebensabschnitt. Er wird Vater. Er ist mit der TV-Moderatorin Clivia Treidl liiert. Blümel, der gerne Sport macht und regelmäßig ins Fitnessstudio geht, wird sich seine Zeit also auch privat noch besser als bisher einteilen müssen. Und noch einen weiteren Faktor hält er sich offen. Gernot Blümel ist ÖVP-Spitzenkandidat bei der Wiener Landtagswahl. Groß sind seine Chancen auf den Bürgermeistersessel zwar nicht, aber es kann sein, dass er trotzdem der Verlockung nicht widerstehen wird, bei der Wahl anzutreten. Das Ministeramt im Finanzministerium ist ihm sicher und die Unterstützung seines Vorgängers Edi Müller auch, auf dessen Expertise er sich als Profi-Politiker sicher verlassen wird. Auch das machte er in der Regierungserklärung klar. Gernot Blümel weiß, wie Politik geht, er hat damit Karriere gemacht.

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