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Ausgabe 04/2020

Mittäter und Schuld

FINANZVERGEHEN. Über das Risiko der Mittäterschaft bei unseren Mandanten. Von Klaus Hübner

Bei einer GmbH mit zwei Geschäftsführern ergibt die Betriebsprüfung Hinweise auf Finanzvergehen. Ebenso bei einer Personengesellschaft, deren Anteilsinhaber operativ tätige Ehegatten zu je 50% sind. Wie viele Finanzstrafverfahren wird der Strafreferent voraussichtlich einleiten? Richtig, jeweils drei! Gemäß § 11 FinStrG besteht die Strafdrohung nicht nur gegen den unmittelbaren Täter, sondern für jeden Mittäter, der die Tat gemeinsam mit einem oder mehreren anderen begeht. Auch der Bestimmungstäter, der einen anderen vorsätzlich zu dieser Straftat anstiftet, ist Mittäter. Diese Anstiftung kann durch Anordnen, Bedrängen, Drohen, Bitten, Bestechen oder Ersuchen um einen Freundschaftsdienst erfolgen. Beispielsweise, wenn der Bauherr den Bauunternehmer animiert, unter Rechnungsverzicht billigere Barbzw. Schwarzzahlungen zu akzeptieren.

Vorsätzlich & grob fahrlässig

Der sonstige Beitragstäter verantwortet eine vorsätzliche, aber auch grob fahrlässige Handlung, welche ein Finanzvergehen mitverursachen oder fördern kann. Dafür liegt die Latte nicht hoch. Schon eine psychische Hilfestellung durch Bestärken des Tatentschlusses, Erteilen von Ratschlägen etc. macht eine derartige strafbare Beitragshandlung aus. Ein Lieferant beispielsweise, der die Abgabenhinterziehung der Abnehmer durch Ausstellung von wahrheitswidrigen Lieferscheinen oder Verwendung von Phantasienamen erleichtert, hat eine Beitragstäterschaft zu verantworten. Auch wenn der Steuervorteil nur dem unmittelbaren Täter zugutegekommen ist, so verantwortet nach dem Gesetz jeder Mittäter die gleiche Strafdrohung, es erfolgt also keine quotenmäßige Aufteilung auf die Täter. Jeder Mittäter ist für seine eigene Schuld zu bestrafen, wobei den Bestimmungstäter nach der Rechtsprechung oft ein höheres Unrecht trifft. Die Strafpraxis führt bei drei Straferkenntnissen (zweimal Geschäftsführer, einmal der Verband nach § 28a FinStrG) zu empfindlichen Auswirkungen. Bei einem strafbestimmenden Wertbetrag von EUR 50.000,– und drei Abstrafungen mit durchschnittlich 30% davon ergibt dies zusammen EUR 45.000,–, das sind gemessen am verkürzten Betrag 90% Strafe.

Glaubwürdig & kongruent

Ein weiteres Risiko ergibt sich in diesem Zusammenhang aber auch nach § 11 BAO. Demnach haften bei vorsätzlich begangenen Finanzvergehen auch mitverurteilte Täter für den Betrag, der im Spruch der Strafentscheidung als Verkürzungsbetrag genannt ist. Da kann man schon mal zum Handkuss kommen, ohne selbst einen Steuervorteil lukriert zu haben. Nicht immer aber wird eine Mittäterschaft vorliegen oder erweislich sein. Bei zwei GmbH-Geschäftsführern mit aufgeteilten Geschäftsführungsagenden wird keine Schuld vorliegen, wenn der nicht mit Steuerangelegenheiten befasste Geschäftsführer keinen Anlass hatte, an der ordnungsgemäßen Geschäftsführung durch den anderen Geschäftsführer zu zweifeln. Hingegen ist zu beachten, dass bei „wechselseitigen Beschuldigungen“ bei mehreren Tätern das Risiko von zwei oder mehreren Schuldsprüchen zunimmt. Wenn also beispielsweise zwei Geschäftsführer behaupten, der jeweils andere wäre zuständig gewesen, ist das keine vorteilhafte Verantwortung. Bei der Einleitung von Strafverfahren gegen mehrere Beschuldigte ist das Verteidigungsziel oft, einen von mehreren Mittätern „aus der Schusslinie“ zu bringen. Ob dies gelingt, hängt davon ab, wie glaubwürdig und kongruent oder doch inkonsistent die jeweiligen Aussagen erfolgen. Dabei muss der Verteidiger, der beide Mandanten vertritt, diese darüber instruieren, dass die Beschuldigten getrennt voneinander befragt werden. Zuletzt: Die Frage nach Mittätern stellt sich in der Praxis oft auch bei der Erstellung von Selbstanzeigen.

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