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Ausgabe 04/2014

Steuerrecht in der Postmoderne

PORTRÄT. Michael Lang leitet das Institut für Österreichisches und Internationales Steuerrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien. Mehr als die Hälfte der in der steuerrechtlichen Praxis Tätigen im Land werden hier ausgebildet. Von Karin Pollack

Es gibt Orte in Wien, die sind so neu, dass sie fast unwirklich wirken. Wer es ausprobieren will, sollte einen Ausflug auf den Campus der neuen Wirtschaftsuniversität (WU) im Prater wagen. Plötzlich nur mehr junge Menschen, die Gebäude brandneu und von Europas renommiertesten Architekten gebaut und kein Auto weit und breit: Wie im Science-Fiction Film, nur eben Wirklichkeit. Michael Lang, Leiter des Instituts für Österreichisches und Internationales Steuerrecht, hat sein Büro im gelb-orangen Gebäude. „Ich gehe gerne über die Außenstiege rauf, da hat man einen fantastischen Ausblick auf das Gebäude von Zaha Hadid“, sagt er und erzählt, dass es der neue Campus im letzten Jahr fast in jede internationale Architekturzeitschrift geschafft hat. Dass der Bau ohne Zeitverzögerung und Budgetüberschreitungen über die Bühne ging, freut ihn allerdings noch viel mehr.

 

 Die WU habe international einen sehr guten Ruf, sagt Lang, der daran mitgearbeitet hat. Unter seiner Ägide wurde das Studium für Wirtschaftsrecht etabliert und ein internationales LLM-Studium geschaffen. In seinem Institut sind fast 60 Mitarbeiter „auf der Pay-Roll“, seit 1994, dem Jahr, in dem er auf der WU Wien begann, sei also wirklich viel passiert.

 

Michael Lang ist Wiener, Jahrgang 1965, und wuchs im Bezirk Margareten auf. Er war ein sehr guter Schüler, hat sich drei Jahre vehement als Schulsprecher, später im Landesschülerbeirat engagiert. In dieser Funktion habe er aber mehr gelernt als im Klassenzimmer, ist er überzeugt. Nach der Matura 1983 entschied er sich für ein Doppelstudium und inskribierte an der WU und am Juridicum.

„Ich wurde dann zum WU-Studienabbrecher“, lacht der Universitätsprofessor. Das lag zum einen am mehr juristisch orientierten Freundeskreis, zum anderen an Günther Winkler, dessen Seminare zur Rechtstheorie ihn begeisterten. Über dessen Empfehlung bekam er 1987 eine Studienassistentenstelle bei Wolfgang Gassner am Institut für Finanzrecht der WU. Gassner wurde Langs wichtigster Lehrer, einer, der ihn prägte, wie er sagt. Bei ihm schrieb er seine Dissertation über „Hybride Finanzierungen im Internationalen Steuerrecht“. In den 1980er-Jahren gab es noch Devisenbeschränkungen, Doppelbesteuerungen waren exotisch, erinnert er sich, „die Zeiten haben sich wirklich stark verändert“, resümiert er. Gassner drängte Lang zur Habilitation. Mit 26 Jahren war er einer der Jüngsten, die das an der WU jemals geschafft hatten. Dann allerdings entschied er sich, auch Erfahrungen in der Praxis zu sammeln. Lang begann bei der Wirtschaftssteuerkanzlei Exinger, „später BDO und heute Deloitte, auch in den Firmenstrukturen hat sich in unserer Branche alles gewandelt“, sagt er. Als an der WU ein zweiter Lehrstuhl für Steuerrecht eingerichtet wurde, wollte er diese Chance nicht vorüberziehen lassen und wurde mit 29 Jahren Professor.

 

Seit 1. November 1994 leitet er sein Institut. „Ich denke, wir bereiten die Studierenden sehr gut auf die Praxis vor“, sagt er. Nach 20 Jahren Arbeit gibt er offen zu, dass er die Früchte seiner Aufbauarbeit auch genießen kann. Die Fenster seines Büros schauen ins Grün der Prater-Kastanien, „es ist wirklich fantastisch hier, ich komme oft mit meiner Familie zum Essen hierher, weil sogar die Restaurants am Campus hervorragend sind“, erzählt er. Apropos Familie: Lang, der sich selbst als „Familienmensch“ bezeichnet, ist seit 1992 mit Christina, einer Alt-Humanistin und AHS-Lehrerin, verheiratet. Die beiden haben zwei Söhne. Tobias studiert an der WU, allerdings Volkswirtschaft, „da kann er universitär seinen eigenen Weg gehen“, sagt Lang, sein jüngerer Sohn Johannes geht noch zur Schule. An den Wochenenden spielt er gerne Fußball mit seinen Buben. Nur drei Wochen im Jahr verordnet Lang sich E-Mail-Karenz, nämlich bei den Familienurlauben, die immer irgendwo zwischen Kärnten und Griechenland stattfinden. Vor allem dann hat er Zeit für nicht-fachliche Lektüre. Er interessiert sich für die jüngere Geschichte, diesen Sommer hat er unter anderem Christopher Clarks „Schlafwandler – Wie Europa in den ersten Weltkrieg zog“ gelesen. Übrigens: Michael Lang läuft manchmal auch zur Arbeit. Für die zehn Kilometer von seiner Wohnung im 19. Bezirk bis in den Prater braucht er 50 Minuten – und: Am Science- Fiction-Campus gibt es auch Duschen.  

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