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Ausgabe 03/2017

Ermittlungen nach Vorlage

Abgaben. Es häufen sich Fälle, in denen Finanzämter erst im Zuge der Vorlage einer Beschwerde an das BFG Ermittlungen durchführen. Von Herbert Houf

Der Verfahrensablauf ist nicht untypisch. Im Zuge einer Außenprüfung kommt es seitens des Finanzamtes zu Feststellungen, die nach Ansicht des Abgabepflichtigen (bzw. seines Steuerberaters) auf unrichtigen Sachverhaltsannahmen beruhen. Im Zuge einer Bescheidbeschwerde wird die mangelhafte Sachverhaltsermittlung gerügt, das Finanzamt weist jedoch die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) als unbegründet ab. Erst auf Grund des danach eingebrachten Vorlageantrags kommt es zu weiteren, oftmals sehr umfangreichen, Ermittlungen der Abgabenbehörde im Rahmen von Vorhaltsverfahren. 

Die amtswegige Wahrheitsermittlungspflicht versus Mitwirkungspflicht

Zunächst ist § 115 BAO zu beachten, wonach die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind, zu ermitteln haben. Zur Durchführung dieser Ermittlungen stehen den Abgabenbehörden verschiedene Befugnisse zur Verfügung, insbesondere Auskunfts-, Prüfungs- und Kontrollrechte. Die – rechtsrichtige – Geltendmachung dieser Befugnisse löst entsprechende Mitwirkungspflichten seitens der Partei aus. Sie muss die gewünschten Auskünfte erteilen, Unterlagen vorlegen und Prüfungen dulden, solange die Behörde nicht an die gesetzlichen Grenzen dieser Mitwirkungspflicht stößt. Dies wäre z.B. dann der Fall, wenn die geforderte Mitwirkung unmöglich ist oder der Partei einen unangemessenen Aufwand oder sonstigen Nachteil verursacht. Natürlich sind auch Ermittlungen unzulässig, die keine abgabenrechtliche Relevanz (z.B. infolge Eintritts der Verjährung) haben oder zu denen der Behörde die Zuständigkeit fehlt. 

Zur Durchführung dieser Ermittlungen stehen den Abgabenbehörden verschiedene Befugnisse zur Verfügung, insbesondere Auskunfts-, Prüfungs- und Kontrollrechte. Die – rechtsrichtige – Geltendmachung dieser Befugnisse löst entsprechende Mitwirkungspflichten seitens der Partei aus.

Rechtswirkungen von Vorlageantrag und Vorlage

Wird ein Vorlageantrag gem § 264 BAO gestellt oder ist aus den in § 262 Abs. 2 bis 4 BAO genannten Gründen keine BVE zu erlassen, hat das Finanzamt die Beschwerde ohne unnötigen Aufschub an das Verwaltungsgericht vorzulegen. § 265 Abs. 1 BAO sieht vor, dass allenfalls erforderliche Ermittlungen vorher noch durchgeführt werden dürfen. Diese können deshalb notwendig sein, weil das Finanzamt im Rahmen der Aktenvorlage auch einen Vorlagebericht zu erstatten hat, der insbesondere die Darstellung des Sachverhalts, die Nennung der Beweismittel und eine Stellungnahme der Abgabenbehörde umfassen muss. § 300 BAO sieht allerdings vor, dass ab Vorlage der Beschwerde, ab Einbringung einer Vorlageerinnerung gemäß § 264 Abs. 6 BAO bzw. in jenen Fällen, in denen eine BVE zu unterbleiben hat, bereits ab Einbringung der Bescheidbeschwerde selbst, die Abgabenbehörden den angefochtenen Bescheid oder die BVE bei sonstiger Nichtigkeit weder abändern noch aufheben kann. Die Abgabenbehörde ist also für eine Entscheidung in dieser Sache nicht mehr zuständig, sondern selbst Partei im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht. Ab dem Zeitpunkt der Vorlage haben vielmehr die Verwaltungsgerichte die Obliegenheiten und Befugnisse der Abgabenbehörden und daher auch über allfällige Ermittlungen zu entscheiden. Diese können sie selbst durchführen oder durch eine Abgabenbehörde ihrer Wahl durchführen lassen. Dabei sollte nach Tunlichkeit nicht jene Abgabenbehörde beauftragt werden, die Parteienstellung im Beschwerdeverfahren hat, um Befangenheitsgründen schon im Vorfeld zu begegnen.

Schlussfolgerung

Bis zur Vorlage der Beschwerde bzw. bis zur Einbringung einer Vorlageerinnerung wird davon auszugehen sein, dass das Finanzamt – ggf. auch erst infolge der Einbringung des Vorlageantrags selbst – noch Ermittlungen durchführen darf. Nach Vorlage der Beschwerde oder Einbringung einer Vorlageerinnerung ist das Finanzamt Partei im Beschwerdeverfahren und für Ermittlungen nicht mehr zuständig. Auf Grund der Parteienstellung könnten diese sogar unvereinbar sein. Seitens des Abgabepflichtigen besteht daher in diesem Fall keine diesbezügliche Mitwirkungspflicht mehr, es sei denn, das Finanzamt wäre vom Verwaltungsgericht mit den Ermittlungen beauftragt worden. 

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