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Ausgabe 03/2016

Die oberste Prüferin

PORTRÄT. Margit Kraker ist die neue Präsidentin des Rechnungshofes und wird in den kommenden zwölf Jahren ihr Auge auf korrektes Finanzgebaren haben. Von Karin Pollack

Es ist eine Grundsatzfrage: Inwieweit braucht jemand mit Ambition zur großen Karriere eine gehörige Portion Eitelkeit, um dieses Ziel zu erreichen. Oder geht es auch ohne? Wer sich mit dem Werdegang von Margit Kraker beschäftigt, wird erst einmal keine eindeutige Antwort finden. Sie hat den Ruf, ein trockener, sachlicher und voll allem unaufgeregter Charakter zu sein, jemand, der gerne im Hintergrund agiert. Aufgeregt hingegen war das politische Heckmeck rund um die Wahl einer neuen Spitze für den Rechnungshof. Die Amtszeit für Josef Moser war abgelaufen, Irmgard Griss, die in der Bundespräsidentwahl ausgeschieden war, wäre jene Kandidatin gewesen, auf die sich sämtliche Parteien hätten einigen können. Doch Griss wollte nicht. Die Regierungsparteien schickten daraufhin getrennt Kandidaten ins Rennen. Für die ÖVP stellte sich Margit Kraker dem erstmals öffentlichen Kandidatenhearing im Parlament. „Ich weiß, was dieses Amt an Äquidistanz erfordert. Es ist mir nie schwergefallen, mich auch in die Lage des anderen zu versetzen“, sagte sie. Ein Auftritt, der in der Tageszeitung Kurier als „solide, aber glanzlos“ kommentiert wurde. Jedenfalls war Kraker nach der Anhörung Drittplatzierte. Doch bei der Besetzung gelten politische Spielregeln. Am Ende setzte sich Kraker am 9. Juni bei der Abstimmung im Parlament mit 95 zu 117 Stimmen gegen den SPÖ-Wunschkandidaten Gerhard Steger durch. ÖVPKlubchef Reinhold Lopatka soll im Hintergrund die Fäden gezogen haben, heißt es. Die gute Nachricht: Mit Margit Kraker ist erstmals eine Frau an der Spitze des obersten Prüfgremiums der Republik. So wie ÖVP-Klubchef Lopatka kommt Kraker aus der Steiermark. Geboren 1960, wuchs sie in Zeltweg auf und besuchte in Knittelfeld das Gymnasium. Nach der Matura 1979 entschied sie sich für ein Studium der Rechtswissenschaften in Graz und wurde dort besonders von Wolfgang Mantl, damaliger Vorstand des Instituts für Öffentliches Recht, gefördert, 1983 wurde sie dessen Assistentin. Aus dieser Zeit stammt auch ihre politische Prägung. Mantl gehörte selbst nie der ÖVP an, stand ihr aber nahe und beriet die Partei in vielen Fragen. Auf diese Weise lernte Kraker die politische Arbeit kennen. Offensichtlich wurde ihr Engagement geschätzt, 1985 wechselte sie in den ÖVP-Parlamentsklub nach Wien. Sie konnte immer besonders gut mit Männern arbeiten, attestiert ihr der ehemalige Nationalbankpräsident Claus Raidl, der sie aus dieser Zeit kennt. „Sie erkennt schnell die ganze Komplexität von Problemen. Sie verzagt aber nicht, sondern sucht nach Lösungen“, erzählte Raidl dem österreichischen Nachrichtenmagazin News. Sie wägt stets ab, überlegt ihre Antworten genau, weil sie sich immer eher als eine Sachbearbeitende versteht. Als solche machte sie dann auch Karriere. 1996 holte sie die Volkspartei zurück in die Steiermark, wo sie als Klubdirektorin gebraucht wurde. 2000 schließlich machte sie Landesrat Hermann Schützenhöfer zur Büroleiterin. Sie begleitete ihn, als er Landeshauptmannstellvertreter wurde. Sie hat ihm immer viel Arbeit abgenommen, heißt es aus gut informierten Kreisen.

Sie kennt die Spielregeln der Verwaltung

Margit Kraker arbeitete 13 Jahre Seite an Seite mit Schützenhöfer. Sie kennt die Spielregeln der Verwaltung aus dem Effeff. Nebenbei sammelte sie aber auch Erfahrungen in diversen Aufsichtsratspositionen, etwa in der steirischen Tourismusgesellschaft oder den Krankenhausgesellschaften. 2010 bis 2013 war sie Mitglied der Steuerungsgruppe Verwaltungsreform. 2013 schließlich der nächste Schritt auf der Karriereleiter: Kraker wurde Direktorin des steierischen Landesrechnungshofes. Wie man es von Kraker gewöhnt ist, erledigte sie auch diese Aufgabe auf kompetent-sachliche Art. Sie selbst bezeichnete sich bei ihrem Amtsantritt als Anhängerin der „selbst organisierten Teamarbeit“. In einem der seltenen Interviews mit der Kleinen Zeitung gab sie seinerzeit ein Stück ihres Amtsverständnisses preis: „Ich habe immer wieder mit dem Rechnungshof zu tun gehabt. Man muss einfach anerkennen, dass Kontrolle der Verwaltung hilft, die Qualität zu heben. Empfehlungen, sofern realitätsbezogen, sind für die Arbeit immer positiv. Es ist ein Mehrwert. Das betrifft nicht nur die Projektkontrolle“, sagte sie und beteuerte lückenlose Prüfung ohne Tabus. Unter ihrer Ägide wurden viele Bereiche unter die Lupe genommen. Kritisch waren die Berichte zum Pflegewesen, zum Management der Landesstraßen und den Fremdwährungsschulden des Landes, Letztere waren als zu niedrig ausgewiesen. Einmal allerdings geriet Kraker ins Kreuzfeuer der Kritik. Dann nämlich, als der Rechnungshof auf Bundesebene massive Kritik an der Schiweltmeisterschaft in Schladming übte. Kraker, so ihre Kritiker, hätte sich viel zu wenig explizit geäußert und das Problem eher vorbeiziehen lassen, hieß es im politischen Heckmeck. In ihrem neuen Amt wird sie ihre Unabhängigkeit stärker als bisher beweisen müssen – ihre Vorgänger haben diese Gratwanderung jedenfalls gut gemeistert. Aber auch mehr gepoltert. Hier wird die zurückhaltende Strukturerhalterin vielleicht neue Wege beschreiten. Zurückhaltung übt sie bisher auch, wenn es um Persönliches geht. Margit Kraker hat zwei erwachsene Söhne, eine Zeit lang war sie Alleinerzieherin, ist aber jetzt wieder verheiratet.

Sie will die Prüfungskompetenz des Rechnungshofes ausweiten. Auch mit den Landeshauptleuten will sie sich besser vernetzen.

Sie will die Rechnungshofberichte ändern

Was sie sich bis zum Jahr 2028, dem voraussichtlichen Ende ihrer Amtszeit, vorgenommen hat? Sie will die Rechnungshofberichte ändern, die Kurzfassungen seien zu lang, deswegen würden die Langversionen erst gar nicht gelesen und sie hat deshalb vor, kompaktere Summarys einführen. Zudem, sagt sie, und spricht hier wohl aus eigener Erfahrung, sollte sich die Zusammenarbeit zwischen Bundes- und Landesrechnungshöfen verbessern, um Doppelgleisigkeit zu vermeiden. Und sie will die Prüfkompetenz des Rechnungshofes ausweiten. Unternehmen, an denen die öffentliche Hand mit mindestens 25 Prozent beteiligt ist, sollen nun auch geprüft werden können. Ein letztes Anliegen: Auch mit den Landeshauptleuten will sie sich besser vernetzen, um Druck machen zu können, wenn es notwendig ist. Eines dürfte der frisch nominierten Margit Kraker aber selbst klar sein: Als oberste Kontrollchefin wird sie fortan nicht mehr im Hintergrund arbeiten, so viel ist schon einmal sicher. Vielleicht wird es notwendig sein, in den kommenden Jahren an die Eitelkeit so mancher Weggefährten anzuknüpfen – natürlich alles immer nur zum

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