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Ausgabe 02-03/2020

Schwerpunkt: Bilanzierung und Krisenmanagement bei KMU im Zuge der Covid-19-Krise

COVID-19. Die durch das Corona-Virus ausgelöste Covid-19-Krise hat nicht nur in Österreich, sondern weltweit einen Wirtschaftseinbruch ausgelöst, wie ihn die westliche Welt seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gesehen hat. Die österreichische Bundesregierung hat in den letzten Monaten durch unzählige Maßnahmen wie Kurzarbeit, Härtefallfonds, Fixkostenzuschuss, befristete Umsatzsteuersenkung für den Gastronomie-, Kultur- und Beherbergungsbereich, Verlustrücktrag oder Investitionsprämien (um nur ein paar wenige herauszugreifen) versucht, dem Wirtschaftseinbruch und den damit verbundenen katastrophalen Auswirkungen auf die österreichische Wirtschaft entgegenzuwirken. Durch die gewährten Zahlungserleichterungen und die aufgeschobene Konkursantragstellung durch das Finanzamt und die Sozialversicherung ist es bisher im Jahr 2020 zu einer deutlich reduzierten Anzahl an Konkursanträgen gekommen. Dennoch ist davon auszugehen, dass nach Auslaufen des Moratoriums die Insolvenzanträge deutlich steigen werden. Umso bedeutender werden daher gerichtliche, vor allem aber außergerichtliche Sanierungsmaßnahmen, um auch in Zeiten der Covid-19-Krise nach Going-Concern bilanzieren zu können.

Unternehmensfortführung nach § 201 Abs. 2 Z 2 UGB

Gemäß § 191 Abs. 2 UGB hat jeder Unternehmer im Sinne des § 189 UGB am Ende eines jeden Geschäftsjahres ein Inventar aufzustellen, in dem die dem Unternehmen gewidmeten Vermögensgegenstände und Schulden genau zu verzeichnen und zu bewerten sind. Nach § 201 Abs. 1 UGB hat die Bewertung den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung zu entsprechen. Dabei ist von der Fortführung des Unternehmens auszugehen, solange ihr nicht tatsächliche oder rechtliche Gründe entgegenstehen (§ 201 Abs. 2 Z 2 UGB).

Die Annahme der Unternehmensfortführung („Going- Concern-Prämisse“) ist nach dem Fachgutachten KFS/RL28 ein zentraler Bewertungsgrundsatz bei der Aufstellung von Abschlüssen nach dem Unternehmensgesetzbuch (UGB). Die gesetzlichen Vertreter haben daher bei der Aufstellung des Abschlusses eine Einschätzung über die Fähigkeit des Unternehmens, den Geschäftsbetrieb fortführen zu können, vorzunehmen. Von der in § 201 Abs. 2 Z 2 UGB normierten Fortführungsannahme darf nur abgegangen werden, wenn ihr tatsächliche oder rechtliche Gründe entgegenstehen und die Unternehmensfortführung in den 12 Monaten ab dem Abschlussstichtag in hohem Maß unwahrscheinlich ist (die Wahrscheinlichkeit der Nicht-Fortführung muss wohl zwischen 50% und 90% liegen, damit vom Going-Concern-Prinzip abgewichen wird, anderenfalls kann die Bilanzierung zu Liquidationswerten zur Insolvenz führen). Für die Fortführungsannahme sind dabei jedoch keine besonderen Nachweise zu führen, wenn ein grundsätzlicher Fortführungswille besteht und eine nachhaltige Gewinnsituation, ein leichter Zugriff auf finanzielle Mittel und ein positives Eigenkapital gegeben sind. Liegen die Voraussetzungen für die Bilanzierung nach Going-Concern nicht vor oder ist die ernsthafte Absicht gegeben, die Unternehmenstätigkeit einzustellen, so ist von der Fortführungsannahme abzugehen. Ein Abgehen von der Going- Concern-Annahme ist auch dann geboten, wenn eine realistische Alternative zur Einstellung der Unternehmenstätigkeit oder zur Auflösung des Unternehmens fehlt.

Ein Abgehen von der Fortführungsannahme führt zur Änderung der Bewertungsmethoden für die von der Einstellung der Unternehmensstätigkeit betroffenen Vermögensgegenstände und Schulden. Ohne formale Auflösung des Unternehmens sind die übrigen Bilanzierungs- und Bewertungsansätze aber weiterhin zu beachten. Insbesondere gelten nach wie vor das Vorsichts- und Realisationsprinzip, sodass ohne formale Auflösung des Unternehmens weiterhin keine Bilanzierung von stillen Reserven erfolgt! Bei den Vermögensgegenständen ist zu prüfen, ob aufgrund der Verkürzung der Nutzungsdauer oder der Änderung der Verwertungsannahmen Abschreibungspläne zu ändern oder außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen sind. Weiters sind u.U. auch Verpflichtungen aufgrund der Beendigung des Unternehmens (z.B. gegenüber Arbeitnehmern oder gegenüber Kunden aufgrund der Nicht-Erfüllung bereits abgeschlossener Verträge) zu passivieren.

 Diese Bilanzierungsgrundsätze unterscheiden sich von den für Vermögensaufstellungen nach insolvenzrechtlichen Vorschriften geltenden Grundsätzen.

Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung nach der Insolvenzordnung

Die Insolvenzordnung (IO) regelt in § 66 die allgemeinen Voraussetzungen für die Eröffnung von Insolvenzverfahren. Grundsätzlich ist ein Insolvenzverfahren zu eröffnen, wenn der Schuldner zahlungsunfähig ist. Die Zahlungsunfähigkeit ist im Gesetz nicht definiert. Nach der Judikatur liegt Zahlungsunfähigkeit vor, wenn der Schuldner mangels bereiter Zahlungsmittel nicht in der Lage ist, alle fälligen Schulden zu bezahlen, und er sich die erforderlichen Zahlungsmittel voraussichtlich auch nicht alsbald verschaffen kann (RIS-Justiz RS0064528). Als Orientierungshilfe kann von einer Deckungslücke von 5% für die Abgrenzung zwischen Zahlungsunfähigkeit und bloß vorübergehender Zahlungsstockung ausgegangen werden, wobei diese für mehr als 3 Monate (bei großen Unternehmens für mehr als 6 Monate) besteht.

Im Gegensatz dazu ist nur von einer Zahlungsstockung auszugehen, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Schuldner in einer kurzen, für die Beschaffung der benötigten Geldmittel erforderlichen, im Durchschnittsfall 3 Monate nicht übersteigenden Frist in der Lage sein wird, alle seine Schulden pünktlich zu bezahlen. Für die Geschäftsführung ist diese Abgrenzung jedoch genau zu dokumentieren. Durch die Covid-19-Krise ist das Problem dieser Abgrenzung jedoch noch verstärkt worden. Können aufgrund von Corona nicht alle Schulden rechtzeitig bezahlt werden, stellt sich nämlich auch die Frage, ob und wie schnell die erhofften Corona-Hilfsmaßnahmen wie Überbrückungsfinanzierungen oder Fixkostenzuschuss etc. tatsächlich fließen.

Für juristische Personen, aber auch für Personengesellschaften, bei denen kein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist (z.B. GmbH & Co KG), erweitert § 67 IO die Notwendigkeit der Eröffnung von Insolvenzverfahren um den Tatbestand der Überschuldung. Übersteigen die im Bilanzverlust ausgewiesenen kumulierten Verluste Nennkapital, Kapital- und Gewinnrücklagen, dann liegt eine buchmäßige Überschuldung vor. In diesem Fall sieht § 225 Abs. 1 UGB vor, dass der Fehlbetrag als negatives Eigenkapital auszuweisen und im Anhang zu erläutern ist, ob eine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts vorliegt. Eine buchmäßige Überschuldung führt nach der Literatur und ständigen Judikatur des OGH (z.B. 19.2.2015, 6 Ob 19/15k) aber nicht zwangsläufig auch zu einer insolvenzrechtlichen Überschuldung. Vielmehr muss in einem zweistufigen Prüfungsverfahren einerseits ein Status der Vermögensgegenstände und Schulden der Gesellschaft zu Liquidationswerten aufgestellt und andererseits eine Fortbestehensprognose erstellt werden, wobei der Fortbestand des Unternehmens aufgrund der Fortbestehensprognose mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (größer 50%) gesichert sein muss. Nur wenn sowohl der Status zu Liquidationswerten als auch die Fortbestehensprognose negativ ausfallen, liegt eine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts vor.

Tipp für die Erstellung von Jahresabschlüssen

Ob im Rahmen der Überschuldungsprüfung zuerst ein Status zu Liquidationswerten aufgestellt oder eine Fortbestehensprognose erstellt wird, hängt im Einzelfall davon ab, welcher Prüfungsschritt einfacher und leichter durchführbar ist.

Liquidationsstatus

Bestehen hohe und leicht belegbare stille Reserven, beispielsweise im Liegenschaftsvermögen, könnte dies im Rahmen der Überschuldungsprüfung für insolvenzrechtliche Zwecke für die vorrangige Erstellung eines Status zu Liquidationswerten sprechen. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass neben stillen Reserven im Anlage- oder Umlaufvermögen (im Gegensatz zum Jahresabschluss dürfen diese im Rahmen der Überschuldungsprüfung für insolvenzrechtliche Zwecke berücksichtigt werden) in der Regel auch stille Lasten angesetzt werden müssen. So werden im Bereich der Vorräte oder der Betriebs- und Geschäftsausstattung Vermögensgegenstände oft nicht um den Buchwert verkauft werden können. Stille Lasten werden regelmäßig aber auch im Bereich der Rückstellungen sowie in den Verbindlichkeiten vorliegen. So werden im Rahmen einer Liquidation des Unternehmens in vielen Fällen Mitarbeiteransprüche zu befriedigen sein, die im Jahresabschluss unter Going-Concern-Prämissen nicht in voller Höhe berücksichtigt wurden. Zu denken wäre dabei beispielsweise an Abfertigungsverpflichtungen im Rahmen der Abfertigung Alt, die im Jahresabschluss nach Going-Concern in der Regel nur finanzmathematisch oder versicherungsmathematisch berechnet werden und vielfach weit unter den fiktiven Ansprüchen am Bewertungsstichtag berücksichtigt sind. Dazu können Schadenersatzansprüche aufgrund nicht vollständiger Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen, vorzeitiger Kündigung von Verträgen etc. kommen, die die stillen Reserven oftmals wieder egalisieren.

Fortbestehensprognose

Reicht das Aktivvermögen laut Status nicht aus, um die Schulden zu decken, liegt eine rechnerische Überschuldung vor. Wie erwähnt führt diese jedoch nur dann auch zu einer insolvenzrechtlichen Überschuldung, wenn auch die Fortbestehensprognose negativ ausfällt. Der Leitfaden Fortbestehensprognose 2016 verweist auf die diesbezügliche Grundsatzentscheidung des OGH vom 3.12.1986, 1 Ob 655/86: „Die Überschuldungsprüfung ist daher durch eine Fortbestehensprognose zu ergänzen, in deren Rahmen mit Hilfe sorgfältiger Analysen von Verlustursachen, eines Finanzierungsplans sowie der Zukunftsaussichten der Gesellschaft die Wahrscheinlichkeit der künftigen Zahlungsunfähigkeit und damit der Liquidation der Gesellschaft zu prüfen ist. […] Die Auswirkungen geplanter Sanierungsmaßnahmen sind in diese Überlegungen einzubeziehen. Der Überschuldungstatbestand ist daher im Wesentlichen ein Prognosetatbestand, der auf die Gefahr künftiger Illiquidität abstellt. […] Eine insolvenzrechtlich bedeutsame Überschuldung liegt demnach nur vor, wenn die Fortbestehensprognose ungünstig, d.h. die Liquidation oder Zahlungsunfähigkeit wahrscheinlich und das […] nach Liquidationswerten zu bewertende Vermögen zur Befriedigung der Gläubiger im Liquidationsfall unzureichend ist. Konkursreife besteht demnach auch bei rechnerischer Überschuldung, etwa zufolge des weitgehenden Verlustes des Eigenkapitals, nur dann, wenn sich eine positive Fortbestehensprognose nicht erstellen lässt.“

Kosten der Fortbestehensprognose und des Liquidationsstatus als oftmaliges Hindernis

Aufgrund der Kosten, die mit der Erstellung von Sachverständigengutachten verbunden sind, schrecken viele Unternehmer in der Praxis vor der Aufstellung eines Status zu Liquidationswerten aber zurück. Dies gilt umso mehr für die Fortbestehensprognose, da eine solche Prognose nicht nur die einmalige Aufstellung einer detaillierten Planungsrechnung unter Berücksichtigung geplanter Sanierungsmaßnahmen, sondern auch deren regelmäßige Überprüfung auf ihre Wirksamkeit hin erfordert. In der Praxis wird daher vielfach auf folgende Sanierungsmaßnahmen zurückgegriffen:

Rangrücktrittserklärung

Die einfachste und vielfach auch kostengünstigste Möglichkeit, eine insolvenzrechtliche Überschuldung zu vermeiden, stellt die Rangrücktrittserklärung dar. Darunter versteht man den vorläufigen Verzicht eines Gläubigers auf Befriedigung seiner Forderung, um andere Gläubiger besserzustellen und/oder eine Überschuldung der Gesellschaft zu verhindern. Gemäß § 67 Abs. 3 IO begehrt der Gläubiger darin Befriedigung erst nach Beseitigung des negativen Eigenkapitals der Gesellschaft oder im Fall der Liquidation erst nach Befriedigung der anderen Gläubiger und erklärt, dass wegen dieser Verbindlichkeit ein Insolvenzverfahren nicht eröffnet zu werden braucht. Allerdings setzt die Rangrücktrittserklärung voraus, dass in der Gesellschaft entsprechende Verbindlichkeiten gegenüber den Gesellschaftern oder zumindest gegenüber diesen nahestehenden Personen bereits bestehen.

Forderungsverzicht

Im Unterschied zur Rangrücktrittserklärung, bei der die Verbindlichkeit gegenüber dem Nachranggläubiger zwar für insolvenzrechtliche Zwecke außer Acht gelassen werden kann, dem Grunde und der Höhe nach aber weiterhin bestehen bleibt und damit die Eigenkapitalsituation der Gesellschaft nicht verbessert, führt der gesellschaftsrechtlich veranlasste Forderungsverzicht zu einem Wegfall der Verbindlichkeit, indem Fremd- in Eigenmittel umgewandelt werden. Bei der Gesellschaft führt der Forderungsverzicht zu einer Verbesserung des Bilanzbildes und erhöht durch den Wegfall von Rückzahlungsverpflichtungen regelmäßig auch die Liquidität.

Für die Frage der Bilanzierung ist im Fall eines Forderungsverzichts aus unternehmensrechtlicher Sicht vorab zu prüfen, ob auch ein der Gesellschaft fremd gegenüberstehender Dritter auf die Forderung verzichtet hätte oder der Verzicht durch die Gesellschafterstellung veranlasst ist. Ein gesellschaftsrechtlich begründeter Forderungsverzicht führt bei der Gesellschaft zu einer Einlage. Gemäß § 202 Abs. 1 UGB sind Einlagen auf Ebene der Gesellschaft „mit dem Wert anzusetzen, der ihnen im Zeitpunkt ihrer Leistung beizulegen ist, soweit sich nicht aus der Nutzungsmöglichkeit im Unternehmen ein geringerer Wert ergibt“. Demzufolge kommt es daher zu einer Einlage und damit zu einer Erhöhung der Kapitalrücklage der Gesellschaft nur in Höhe des werthaltigen Teils der Forderung. In Höhe der Differenz zwischen dem Einlagewert im Ausmaß des werthaltigen Teils und dem Nominalwert der Verbindlichkeit findet auf Ebene der Gesellschaft hingegen ein gewinnwirksamer Confusiogewinn statt, der letztendlich im Bilanzgewinn bzw. -verlust zu erfassen ist.

Aus steuerlicher Sicht ist bei einem Forderungsverzicht der nicht mehr werthaltige Teil der Forderung gemäß § 8 Abs. 1 KStG im Betriebsvermögen des Gesellschafters aufwandswirksam zu erfassen (im Fall einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung bestehen abweichende Bestimmungen). Folgt man daher der oben vertretenen Ansicht, dass auch aus unternehmensrechtlicher Sicht nur der werthaltige Teil der Verbindlichkeit ergebnisneutral in die Kapitalrücklage einzustellen ist, führen die steuerliche und unternehmensrechtliche Beurteilung zum gleichen Ergebnis. Darüber hinaus kann die Finanzverwaltung gemäß KStR 2013 Rz 1538 von der Abgabenfestsetzung hinsichtlich des Gewinns auf Ebene der Gesellschaft aus dem ertragswirksamen Teil des Forderungsverzichts auf Basis des § 206 BAO unter bestimmten Voraussetzungen in einer dem § 23 KStG vergleichbaren Weise Abstand nehmen.

Besserungsvereinbarung

In der Praxis wird der Forderungsverzicht oftmals mit einer Besserungsvereinbarung verbunden. Hintergrund ist, dass der Gläubiger bei einem einfachen Forderungsverzicht aus dieser Forderung auch bei erfolgreicher Sanierung des Unternehmens keine Zahlungsansprüche mehr geltend machen kann. Im Rahmen der mit dem Verzicht verbundenen Besserungsvereinbarung wird daher vereinbart, dass die Forderung wieder auflebt, wenn sich die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft verbessert. In der Regel werden dafür bestimmte Eigenkapitalkriterien, wie z.B. das Erreichen eines Bilanzgewinns in einer bestimmten Höhe oder auch bestimmte Cashflow-Kriterien, herangezogen. Bei Familien-GmbHs mit mehreren Gesellschaftern, insbesondere, wenn diese nicht in einem engen familiären Verwandtschaftsverhältnis stehen, kann dadurch sichergestellt werden, dass der Gesellschafter, der zur Sanierung des Unternehmens überdurchschnittlich stark beigetragen hat, im Fall einer erfolgreichen Sanierung auch eine entsprechende Abgeltung seines Beitrags erhält.

Gesellschafterzuschuss

Der Gesellschafterzuschuss wird definiert als ein Beitrag des Gesellschafters an die Gesellschaft, der seine Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat und dem keine Gegenleistung der Gesellschaft gegenübersteht. Er unterscheidet sich von der Rangrücktrittserklärung sowie dem Forderungsverzicht insbesondere dadurch, dass der Gesellschafter in der Regel Geldmittel, zum Teil auch Vermögensgegenstände, auf die Gesellschaft überträgt. Bei der klassischen Familien-GmbH verwendet der Gesellschafter somit privates Vermögen, um die Gesellschaft liquiditätsund vermögensmäßig zu stärken. Sowohl beim Forderungsverzicht als auch der Rangrücktrittserklärung werden dagegen in Form von Fremdkapital bereits gewährte Mittel, deren Rückzahlungsfähigkeit meist ohnehin bereits fraglich war, „geopfert“.

Trotz Gewährung eines Gesellschafterzuschusses darf jedoch nicht übersehen werden, dass dieser in vielen Fällen nicht ausreichen wird, das Überleben einer in wirtschaftliche Schieflage geratenen Gesellschaft zu sichern, wenn er nicht gleichzeitig mit Maßnahmen verbunden wird, die auch die Ursache der Schieflage bekämpfen. So ist oftmals zu beobachten, dass Unternehmer wiederholt bedeutende private Geldmittel in das Unternehmen stecken, ohne ausreichende Maßnahmen zur Steigerung der Umsätze oder Änderungen in der Kostenstruktur zu ergreifen. In manchen Fällen wird durch Gesellschafterzuschüsse die unter Umständen unvermeidliche Restrukturierung oder Schließung des Betriebes auch nur hinausgezögert.

Unternehmensrechtlich sind Gesellschafterzuschüsse in der Regel als sonstige Zuzahlungen gemäß § 229 Abs. 2 Z 5 UGB erfolgsneutral als (ungebundene) Kapitalrücklage auszuweisen. Unter bestimmten Umständen wäre jedoch auch eine ertragswirksame Erfassung denkbar, beispielsweise wenn der Zuschuss anlässlich einer Unternehmenssanierung z.B. in Form von allgemeinen – außergerichtlichen – Ausgleichsmaßnahmen seitens der Gläubiger erfolgt. Eine Orientierung für die Abgrenzung zwischen gesellschaftsrechtlich und betrieblich veranlassten Zuschüssen können auch die KStR 2013 Rz 487 ff geben.

Hinsichtlich des Zeitpunktes der Erfassung eines Gesellschafterzuschusses ist wie folgt zu unterscheiden (Baumgartner/ Nowotny, RWZ 2014, 23): Wird ein Zuschuss vor dem Bilanzstichtag beschlossen, aber noch nicht geleistet, dann ist eine Forderung gegenüber den Gesellschaftern dann einzustellen, wenn der Beschluss der Gesellschaft nachweislich bekannt und der Zuschuss eingefordert ist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Zuschuss bis zum Bilanzstichtag auch schon geflossen ist. Ist der Zuschuss noch nicht eingefordert, wird er aber innerhalb des Bilanzerstellungszeitraums geleistet, so ist nach Ansicht von Baumgartner/Nowotny (a.a.O.) eine Aktivierung aber dennoch vertretbar.

Wird ein Zuschuss hingegen erst nach dem Bilanzstichtag beschlossen, so stellt dies ein wertbegründendes Ereignis des neuen Jahres dar. In diesem Fall ist eine Aktivierung zum Bilanzstichtag noch nicht möglich. Der Beschluss kann der Gesellschaft aber dennoch als Argumentation dienen, warum eine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts nicht vorliegt.

Patronatserklärung

Eine weitere Möglichkeit zur Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung besteht schließlich auch in der Abgabe einer Patronatserklärung. Die Praxis unterscheidet zwischen sogenannten „harten“ und „weichen“ Patronatserklärungen. Der Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung dient allerdings nur eine harte Patronatserklärung (siehe diesbezüglich auch die Ausführungen im Fachgutachten KFS/RL24):

Die harte Patronatserklärung wird in Judikatur und Lehre mit einer Garantieerklärung oder Bürgschaft verglichen, qualifiziert den Patron als Mitschuldner und begründet im Konkursfall eine gleichrangige Haftung (vgl. Nowotny, Besicherung durch „harte“ Patronatserklärung, RdW 1992, 198; OGH 24.2.2000, 6 Ob 334/99g). Harte Patronatserklärungen stellen das unbedingte Einstehen-Müssen des Patrons für die erklärte Schuldübernahme dar. Der Anspruch des Begünstigten entsteht mit Eintritt des jeweiligen von der Erklärung abgedeckten Ereignisses.

Eine harte Patronatserklärung liegt insbesondere vor, wenn sich der Patron verpflichtet, ein bestimmtes Unternehmen finanziell so auszustatten, dass es in der Lage ist, seine Verpflichtungen gegenüber einem bestimmten Gläubiger zu erfüllen. Im Unterschied zur Bürgschaft oder Garantie hat der Gläubiger keinen direkten Zahlungsanspruch gegenüber dem Patron, sondern einen Schadenersatzanspruch, wenn dieser seine Ausstattungsverpflichtung nicht erfüllt.

Eine Patronatserklärung kann jedoch niemals mehr wert sein, als die Bonität ihres Ausstellers. Im Rahmen der Bilanzierung wird auf Basis der vorliegenden Informationen daher grundsätzlich auch beurteilt werden müssen, ob der Patron in der Lage sein wird, seiner Garantieerklärung nachzukommen.

Conclusio

Zusammenfassend muss festgehalten werden, dass eine erfolgreiche Sanierung eines Unternehmens in der Regel nur durch eine detaillierte Auseinandersetzung mit den möglichen Sanierungsmaßnahmen erreicht werden kann, wie sie im Rahmen der Fortbestehensprognose zu erfolgen hat. Sanierungsmaßnahmen wie Nachrangigkeitserklärungen, Forderungsverzichte, Gesellschafterzuschüsse oder Patronatserklärungen führen in vielen Fällen nur zu einer Verlängerung des Untergangs, wodurch noch mehr private Mittel dem Betrieb geopfert werden, ohne jedoch das langfristige Überleben des Betriebes zu ermöglichen. Kurzfristig können diese Maßnahmen allerdings sehr wohl eine kostengünstige Alternative zu einer umfassenden Sanierung darstellen, insbesondere wenn die zeitliche Dauer der erforderlichen Überbrückung überschaubar ist und relativ zuverlässig im Vorhinein abgeschätzt werden kann. Gerade aufgrund der Covid-19-Krise ist diesem Umstand daher besondere Bedeutung beizumessen.

Erscheinungsdatum:

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