ÖGWThema - page 31

ZurAutorin
Dr. Verena
Trenkwalder ist
Wirtschaftsprüferin
undVorsitzende
desFachsenats
für Steuerrecht
vtrenkwalder@kpmg.at
Rechtsstaat quovadis?
Zukunft.
Wieder Bund zueinemhübschenKörberlgeld kommt.
VonVerenaTrenkwalder
im
fokus
M
an stelle sichFolgendes vor: EinKlient hat eineBetriebs-
prüfung, bei der einwirklich großes Thema über einen
Zeitraum von mehr als einem Jahr mit dem Finanzamt und
dem Fachbereich ausdiskutiert wird. Der Fachbereich stimmt
der rechtlichen Beurteilung durch das Unternehmen und des-
senSteuerberater vollinhaltlich zu. InderBetriebsprüfungwur-
den außerdem noch zwei kleine Punkte bei der Umsatzsteuer
festgestellt.Dabei geht es über einenZeitraum von fünf Jahren
um eineZahllast vonEUR10.000,–.Der Betriebsprüfer fragt,
obeineSchlussbesprechungnötig sei,derKlientunddessenBe-
rater verzichten auf eine Schlussbesprechung, da alle Zweifels-
fragen ausdiskutiert sind. Soweit, sogut.EinigeWochen später
wird einem der Geschäftsführer zu eigenenHanden an dessen
PrivatadresseeineStrafverfügunggem.§143FinStrGzugestellt.
Die Geldstrafe beträgt EUR 3.500,–, die Ersatzfreiheitsstrafe
14Tage. Inder Begründungwird imWesentlichen ausgeführt:
„Der Beschuldigte ist bereits seit Jahren alsGeschäftsführer be-
stellt,weshalb ihmdieabgabenrechtlichenVerpflichtungenhin-
länglich bekannt waren. Auch bewusste Gleichgültigkeit stellt
bedingtenVorsatz her.DieserUmstand ist auch gegenständlich
jedenfalls gegeben.“
Verletzung vonVerfahrensvorschriften
Das vereinfachteVerfahren ist in§143FinStrGgeregelt.Die
Finanzbehördekann einStrafverfahrenohnemündlicheVer-
handlungundohne Fällung eines Erkenntnisses durchStraf-
verfügung beenden, wenn der Sachverhalt nach Ansicht der
Finanzstrafbehörde durch die Angaben des Beschuldigten
oder durchdasUntersuchungsergebnis, zudemderBeschul-
digte Stellung zunehmenGelegenheit hatte, ausreichend ge-
klärt ist. Unterbleibt die sachverhaltsmäßige Feststellung des
subjektiven Tatbestandsmerkmales, dann leidet eine Straf-
verfügung an einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von
Verfahrensvorschriften.
Es mutet somit befremdend an, wenn über die subjektive
Tatseite kein einzigesMal gesprochenwurde, während der Be-
triebsprüfung nicht einmal ein Vorwurf im Raum gestanden
hat unddaher auchdieMöglichkeit desVerkürzungszuschlages
gem. §30aFinStrGniemals inBetracht gezogenwurde.
Nun könnteman also theoretisch einenEinspruch gegen
die Strafverfügungmachen.DurchdieEinbringungdes Ein-
spruches tritt die Strafverfügung außer Kraft, das Verfahren
ist nach den Bestimmungen des Finanzstrafgesetzes fortzu-
setzen.WegenderKostendesVerfahrens undder damit ein-
hergehenden Risiken (kein Verböserungsverbot) wird man
üblicherweise auf einenEinspruch verzichten.
Strafaufhebung inbesonderenFällen
EinernäherenBetrachtungbedarfausmeinerSichtdieStrafauf-
hebung in besonderen Fällen, der sogenannte Verkürzungszu-
schlagnach§30aFinStrG.DieDurchführungdieserMaßnah-
me obliegt denOrganen der Abgabenbehörden, die auch das
Vorliegen einer finanzstrafrechtlichenVerdachtslage (subjektive
Tatseite) zubeurteilenhaben. §30aFinStrGkannentweder auf
Anfrage der Behörde oder aus Eigeninitiative durch entspre-
chendenAntrag angewendetwerden.DerVerkürzungszuschlag
soll sowohl eine Entkriminalisierung als auch eine Entlastung
derFinanzstrafbehördenundKonzentrationaufFällemitdelik-
tischemGehalt bewirken. Ichhabe daherZweifel, inwieweit es
überhaupt eine pflichtgemäßeErmessensübung ist, anstelle des
Verkürzungszuschlages sofort eine Strafverfügung (mit in etwa
dreifachemStrafausmaß) zu erlassen.
Sollte es wirklich in Belieben der Abgabenbehörde stehen,
müssten wohl die Berater in Zukunft in jedem Fall darauf
achten, dass keine einzige Betriebsprü-
fungsfeststellung unwidersprochen hinge-
nommenwird, dass immer eine Schluss-
besprechung unter Beiziehung eines
Strafreferenten abgehaltenund rechtzei-
tig der Antrag auf einen Verkürzungs-
zuschlag gestellt wird. Dies läuft zwar
der IntentionderEntkriminalisierung
und Vereinfachung massiv entge-
gen,wäreaberdas einzigmög-
licheMittel, sich vor Strafver-
fügungen (samt Eintragung
ins Finanzstrafregister) zu
schützen.
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2/2016
DurchdieStrafver­
fügung verschafft sich
der Fiskus einhüb-
schesKörberlgeld.
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